
Ist ein sozial gerechtes TTIP-Abkommen möglich?
Welthandel ‐ Das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP könnte die Globalisierung gerecht gestalten - aber nur, wenn es soziale und ökologische Standards einhält, sich am Gemeinwohl orientiert und demokratisch transparent verhandelt wird, betonte der Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Franz-Josef Overbeck.
Aktualisiert: 11.11.2015
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Das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP könnte nach Ansicht der katholischen Kirche die Chance auf eine gerechtere Gestaltung der Globalisierung bieten. Voraussetzung sei allerdings, dass die geplante Vereinbarung zwischen der EU und den USA soziale und ökologische Standards einhält, sich am weltweiten Gemeinwohl orientiert und demokratisch transparent verhandelt wird, betonte der Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Franz-Josef Overbeck am Mittwoch in Berlin.
Das Abkommen werfe „zahlreiche Gerechtigkeitsfragen“ auf, so der Essener Bischof. Gut konzipiert könne es einen wichtigen Beitrag zur Ordnungs- und Strukturpolitik einer „global Governance“ darstellen.
Overbeck äußerte sich zur Vorstellung einer Studie, zu der seine Kommission einen Expertenkreis berufen hatte. Nach Overbecks Worten soll das Papier zur Versachlichung der teilweise erhitzten Debatte beitragen und einen sozialethischen Impuls dazu geben, „wie gerechte Regeln gestaltet werden können“. Dazu legt die 56-seitige Studie von Sachverständigen aus mehreren Fachbereichen konkrete Empfehlungen vor.
Der Mainzer Sozialethiker und Mitautor Gerhard Kruip nannte die Kritik an TTIP in „vielerlei Hinsicht berechtigt“. Es sei aber auch ein „gutes TTIP“ möglich. Die Expertise gehe von der Überzeugung aus, dass die Freiheit von Markt und Handel nicht ausreichten, um Gerechtigkeit für alle zu gewährleisten. Dazu seien Regeln notwendig.
Neben der Einhaltung und Verbesserung der Standards müsse es offen für weitere Regelungen und regelmäßige Evaluationen sein.
Kruip teilte auch die Kritik an den umstrittenen privaten Schiedsgerichten. Hier empfehlen die Experten ein internationales Investitionsschutzgericht. Der Wirtschaftswissenschaftler des Ifo-Instituts der Universität München, Gabriel Felbermayr, betonte, Regeln müssten demokratisch legitimiert sein und sich auf die Aussprache von Empfehlungen beschränken. Sie dürften nicht Gesetzgebungen vorwegnehmen. Die Expertise macht zudem geltend, dass TTIP nicht zum Nachteil anderer, nicht beteiligter Länder führen dürfe. Die Sorge der Kirche gilt hier nach Worten Overbecks vor allem Entwicklungsländern.
Handelshemnisse abbauen, nicht Standards
Felbermayr betonte, dass die derzeitigen globalen Handelsregeln veraltet seien und neuen Entwicklungen wie der Digitalisierung oder höheren Mobilität angepasst werden müssten. Deutschland sei besonders abhängig von einem guten Abkommen. Dies bestehe aber im Abbau von Handelshemmnissen, nicht von Standards. TTIP biete im Gegenteil die Chance, strenge transatlantische Standards zu globalisieren. Im besten Falle könne TTIP wegweisend für eine globale Ausgestaltung der Welthandelsorganisation (WTO) sein, so Kruip. (KNA)