
Katholiken unterm Nordlicht
Papstreise nach Schweden ‐ Franziskus wird zum Reformationsgedenken im Herbst nach Schweden reisen. Der erste Besuch eines Papstes in dem skandinavischen Land liegt 27 Jahre zurück. Wer sich die Reiseberichte von damals ansieht, ahnt die seitdem erzielten Fortschritte im Verhältnis der Konfessionen.
Aktualisiert: 26.01.2016
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Papst Franziskus reist zum Reformationsgedenken nach Lund: Das war eine kleine ökumenische Überraschung, die der Vatikan gemeinsam mit dem Lutherischen Weltbund am Montag bekanntgab, dem letzten Tag der Gebetswoche zur Einheit der Christen. Auch sonst sieht man Päpste selten in Schweden. Das erste und bislang einzige Mal setzte Johannes Paul II. (1978-2005) als Petrusnachfolger seinen Fuß in das Königreich, in dem die lutherische Kirche bis 1999 Staatskirche war und in dem sich zwei Drittel aller Bürger zum Christentum lutherischer Prägung bekennen.
Als „einsamste“ Reise hatten Kurienmitarbeiter im Vorfeld die Visite von Johannes Paul II. 1989 in Nordeuropa bespöttelt. So schlimm wurde es dann nicht – obwohl in dem riesigen Gebiet von Dänemark bis zum Nordkap damals noch weniger Katholiken lebten, als an einem durchschnittlichen Ostersonntag vor dem Petersdom zusammenkommen.
Kühler Empfang für Johannes Paul II.
Auch das ökumenische Klima war trotz des Reisedatums im Juni skandinavisch kühl. Im norwegischen Trondheim blieben sieben der elf lutherischen Bischöfe des Landes einem Treffen mit dem Papst fern. Statt jubelnder Massen wie sonst erwarteten Johannes Paul II. bei der Ankunft in Oslo nur ein paar Dutzend Katholiken. Von der Wagenkolonne des Stellvertreters Christi auf Erden nahm kaum jemand Notiz.
Bei katholischen Gottesdiensten während der Pastoralreise in Schweden wie auch in Norwegen, Island, Finnland und Dänemark zeigte sich zudem der exotische Charakter der katholischen Kirche im doppelten Sinn: Nicht nur blieben die Teilnehmerzahlen hinter denen anderer Papstmessen zurück. Die Gläubigen erschienen als eine bunte Vielfalt der Nationalitäten; Arbeitsmigranten vor allem aus katholischen Stammlanden.
So auch in Schweden: Zur Zeit des ersten Papstbesuchs waren laut damaligen Medienberichten nur 20 Prozent der katholischen Christen um Land echte Schweden – und dann fast ausschließlich Konvertiten. Kein Wunder: Bis 1951 hatte ein schwedischer Staatsbürger per Gesetz der schwedischen Staatskirche anzugehören. Bis 1976 blieb nichtlutherischen Schweden eine Beamtenlaufbahn verwehrt. Als 1961 ein katholisches Karmel-Kloster gegründet werden sollte, debattierte das Parlament in Stockholm tagelang darüber.

Eine Kirche der Einwanderer
Die katholische Kirche in Schweden wuchs zwar erklecklich, doch waren es Fremde und Beisassen, die das papsttreue Gottesvolk bildeten. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden ehemalige Häftlinge aus deutschen Konzentrationslagern und Ostvertriebene dort neue Heimat. Dann holte man in den 60er Jahren wie in Deutschland Gastarbeiter ins Land. Schließlich wurde Schweden in den 70ern und 80ern Zufluchtsort für Bedrängte aus Lateinamerika, Asien – und Polen: Als Johannes Paul II. nach Stockholm kam, begrüßten ihn Landsleute kurz vor der politischen Wende mit „Solidarnosc“-Fahnen und polnischen Sprechchören.
Ökumenisch wurden damals keine dicken Bretter gebohrt. Johannes Paul II. legte Schwerpunkte darauf, die kleine katholische Gemeinde zu stärken, für die Würde der Person und gegen die wachsende Säkularisierung einzutreten. Am vorletzten Tag der zehntägigen Reise warb der Papst dann doch noch einmal für einen ökumenischen Dialog „ohne Polemik und ohne Misstrauen“.
Weil Christen schon durch das Band der Taufe geeint seien, dürften sie sich nur „mit der vollen Gemeinschaft zufriedengeben“, sagte er am 9. Juni 1989 in der lutherischen Kathedrale von Uppsala. Sein Nach-Nachfolger will dazu mit seiner Reise am Reformationstag 2016 einen nächsten Schritt tun.
Von Burkhard Jürgens (KNA)
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