
Missio kritisiert steigende Anzahl von Hinrichtungen in Saudi-Arabien
Menschenrechte ‐ Missio Aachen hat die steigende Anzahl von Hinrichtungen in Saudi-Arabien angeprangert. In dem radikal-islamistischen Königreich spielten Menschenrechte wie Religionsfreiheit keine Rolle, kritisiert das Hilfswerk. Auch international erregt Saudi-Arabien immer mehr Aufsehen.
Aktualisiert: 21.03.2016
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Laut dem kirchlichen Hilfswerk Missio Aachen sind 2015 mindestens 150 Menschen in Saudi-Arabien hingerichtet worden, so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. Das teilte Missio bei der Vorstellung eines neuen Themen-Heftes über die Golfmonarchie vergangene Woche in Aachen mit. Auch in diesem Jahr seien viele Hinrichtungen zu erwarten. Allein im Januar 2016 wurden laut Missio-Angaben 47 Menschen nach einem Todesurteil exekutiert.
„Verstümmelungen im Namen des islamischen Rechts sind an der Tagesordnung, Hinrichtungen Normalität“, sagte der Menschenrechts-Referent von Missio, Mark Draser.
Saudi-Arabien ist eine absolutistische Monarchie auf religiöser Basis, beschreibt Missio in seinem Themen-Heft. Die auf dem Koran basierende Shari’ah sei das Gesetz des Landes. Der König finde seine Legitimität in der Predigt und Verteidigung des Islams sowie im Schutz der heiligsten Stätten des Islams Mekka und Medina. Laut dem saudischen Grundgesetz soll er „die Einhaltung der islamischen Shari’ah, wie auch die gesamte Politik des Staates überwachen“.
Religiöse Minderheiten unter Druck
„In Saudi-Arabien ist mit dem Wahhabismus eine radikal-fundamentalistische Ausprägung des Islams Staatsreligion, die jede andere Religion, aber auch jede andere Form des islamischen Glaubens für häretisch hält, und mit der Todesstrafe bedroht“, erklärte Draser. Leidtragende seien besonders die Schiiten Saudi-Arabiens, aber auch andere religiöse Minderheiten wie zum Beispiel Christen, so der Missio-Experte weiter.
„Nicht nur das Recht auf Religionsfreiheit wird in Saudi-Arabien ignoriert, auch andere Grundrechte werden missachtet, die eigentlich selbstverständlich sein sollten: die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Versammlungsfreiheit oder auch das Recht auf freie Meinungsäußerung“, erläuterte der Missio-Präsident, Dr. Klaus Krämer, im Vorwort der Broschüre.
Saudi-Arabien baue seine Bedeutung und seinen Einfluss auf internationaler Ebene systematisch aus, heißt es in dem Missio-Bericht. Die Entdeckung von Erdöl und seine Förderung weckten nach dem Zweiten Weltkrieg das Interesse der global agierenden Wirtschaft und der Politik. Milliarden US-Dollar an Investitionen flössen somit in das Land, wodurch es sich dramatisch verändere. Die sprudelnden Gewinne aus dem Erdölexport wandelten das Königreich innerhalb weniger Jahre von einem der rückständigsten Staaten zu einer der der reichsten und technisch fortschrittlichsten Nationen der Welt, erläutert das Hilfswerk die Entwicklung des Golfstaates.
Appell an Politik und Kirchen
Saudi-Arabien agiere seit Anfang 2015 außenpolitisch immer aggressiver, warnt Draser. Im Jemen führe das Land einen Stellvertreterkrieg, um seinen Einfluss auf der Arabischen Halbinsel gegenüber seinem Erzfeind Iran abzusichern. Angesichts der Einigung im Atomkonflikt und den Erfolgen der iranischen Verbündeten in Syrien und Irak, suche Saudi-Arabien offenbar die Konfrontation und wolle sich als sunnitische Führungsmacht positionieren.
Die Politik müsse laut Missio mäßigend auf die saudische Regierung einwirken. Andere Religionen und die verschiedenen muslimischen Ausprägungen müssten von den Wahhabiten anerkannt und respektiert werden. Auch die Kirchen seien „gefordert und müssen verstärkt den Dialog mit den Wahhabiten suchen, und sich offensiv für die Freiheit aller Religionen in Saudi-Arabien einsetzen“, forderte Draser.
Der Bericht von Missio spricht mehrere Empfehlungen aus, um die Menschenrechtslage im Land zu verbessern: So solle unter anderem der Heilige Stuhl regelmäßige Kontakte mit der saudischen Regierung pflegen und diplomatische Beziehungen zum Wohl der dortigen Christen anregen. Außerdem sollten die Botschaften in Saudi-Arabien dazu bewegt werden, religiöse Minderheiten zu unterstützen, und die Ostkirchen sollten ermutigt werden, für alle christlichen Gemeinschaften in Saudi-Arabien einzutreten. (vk/Missio/KNA)
© weltkirche.katholisch.de
Den Missio-Länderbericht Saudi-Arabien können Sie hier als PDF herunterladen.