Dramatische Situation für Milchbauern
Landwirtschaft ‐ Die Lage auf dem europäischen Milchmarkt wird für Landwirte immer dramatischer. Die Preise fallen in den Keller. Die Katholische Landvolkbewegung fordert dazu auf, mehr Milch aus der Region zu konsumieren. Doch nicht nur europäische Erzeuger sind betroffen, warnt das Hilfswerk Misereor.
Aktualisiert: 25.05.2016
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Die Katholische Landvolkbewegung (KLB) hat angesichts der niedrigen Milchpreise an die Verbraucher appelliert, kurzfristig mehr Milch, Joghurt und Käse zu konsumieren. Damit könne die Milchmenge kurzfristig geringer werden, sagte der KLB-Vorsitzende Korbinian Obermayer mit der Bistumszeitung „Kirche+Leben“ aus Münster (Sonntag). Dadurch könnten auch die Erzeugerpreise steigen. Obermayer wörtlich: „Bitte kaufen Sie Produkte aus Deutschland - und aus Ihrer Region, wo das möglich ist.“
Angesichts des Preisverfalls müsse das Bewusstsein dafür gestärkt werden, „dass Lebensmittel etwas Wertvolles sind“, forderte der KLB-Vorsitzende. Auch die Landwirte müssten dafür das Gespräch mit den Menschen suchen.
Unterdessen rechnet das katholische Hilfswerk Misereor nicht mit einem baldigen Anstieg des Milchpreises. Die Misereor-Referentin für Welthandel und Ernährung, Kerstin Lanje, sagte der Zeitung, viele Milchviehhalter dächten ans Aufgeben.
Die Resignation ist nach den Erfahrungen der Expertin größer geworden. „Viele Milchbauern machen einen verzweifelten Eindruck.“ Ein Erzeugerpreis von 20 Cent pro Liter reiche „überhaupt nicht“. Möglichkeiten für kleine Betriebe gebe es daher am ehesten in der Nische. Erzeuger könnten auf Bio-Milch umsteigen, Milch direkt ab Hof vermarkten oder sich Kooperationen für regionale, nachhaltig produzierte Milch anschließen. Zugleich warnte die Volkswirtin davor, Höfe in großer Zahl auf biologische Wirtschaft umzustellen: „Dann kommt es auch bei Bio-Milch, die bisher noch nicht so stark betroffen ist, zum Preisverfall.“
Misereor: Afrika und Europa müssen gemeinsam an Lösungen arbeiten
Zudem warnte Misereor davor, dass nicht nur europäische Milcherzeuger von dem Preisverfall betroffen seien, sondern auch viele Produzenten in Westafrika. Diese könnten mit Billig-Importen – insbesondere von Milchpulver aus der EU – nicht konkurrieren und stünden damit gleichfalls vor dem Ruin.
Das Hilfswerk kündigte an, dass Milcherzeuger des European Milk Board, Vertreter von Misereor und Germanwatch sowie zwei Journalisten Ende Mai nach Burkina Faso reisen würden, um gemeinsam mit afrikanischen Milchproduzenten an Lösungen zu arbeiten. Vor Ort werde eine Initiative zur Unterstützung von Milchviehhirten in Burkina Faso mit den Gästen aus Deutschland Molkereien, Höfe und Ministerien besuchen. Zudem sei ein Workshop zur europäischen Politik und deren Auswirkungen auf das westafrikanische Land geplant, teilte das katholische Hilfswerk mit.
Nach Ansicht von Misereor und seinen Partnern müsse der Überproduktion in Europa und der Einfuhr nach Westafrika Einhalt geboten werden. Hier seien europäische und westafrikanische Politiker gefragt. Zudem müsse die EU, der Bund und die Länder mit finanziellen Anreizen eine Begrenzung der Milchmenge fördern, empfahl das Entwicklungshilfswerk. Gleichzeitig dürfe es keine Exportregelungen geben, die nicht mit den Interessen der westafrikanischen Bauern abgestimmt seien. (lek/KNA/Misereor)
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