
Helfer fordern Wende in der Agrarpolitik
Ernährung ‐ Obwohl es Fortschritte im Kampf gegen den Hunger gibt, haben immer noch fast 800 Millionen Menschen auf der Erde zu wenig zu Essen. Vor dem Welternährungstag am Sonntag fordern Hilfswerke darum eine grundlegende Wende in der Agrarpolitik.
Aktualisiert: 14.10.2016
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Vor dem Welternährungstag am Sonntag fordern Hilfswerke eine grundlegende Wende in der Agrarpolitik der westlichen Industrienationen. Um Hungerkrisen in Entwicklungsländern vorzubeugen, müssten Kleinbauern besser unterstützt werden, forderte ein Zusammenschluss mehrerer Organisationen, darunter Misereor und Brot für die Welt, am Donnerstag in Berlin.
Die Kleinbauern verfügten über angepasstes Saatgut und umfangreiches landwirtschaftliches Wissen und versorgen die lokalen Märkte ihrer Länder. „Und das unabhängig von der Chemie und Gentechnik mächtiger Agrarkonzerne wie Bayer und Monsanto.“ Der geplante Zusammenschluss der beiden Unternehmen sorgt derzeit für Schlagzeilen und Debatten über mögliche Auswirkungen auf die Ernährungslage in den Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens.
Neue Broschüre zeigt Alternativen zur industriellen Landwirtschaft
Beispielhaft verwiesen die Hilfsorganisationen auf kleinbäuerliches Know-how. So deckten Saatgutbanken in Vietnam 30 Prozent des gesamten Reissaatgutbedarfs im Mekong-Delta ab, „und zwar mit bäuerlichen Sorten, die perfekt an die Umwelt- und Klimabedingungen der Region angepasst sind“. Große Erfolge würden auch mit dem System der „Reisintensivierung“ erzielt. Ernteerträge könnten dadurch um 47 Prozent gesteigert und der Wasserverbrauch um 40 Prozent reduziert werden. Eine eigene Broschüre „Besser Anders. Anders Besser“ informiert über solche und andere Initiativen.
Unterdessen wies World Vision anlässlich des Welternährungstags am 16. Oktober auf die Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Unterernährung in Entwicklungsländern hin. Immer noch stünden viele Städte, Dörfer und bäuerliche Gemeinschaften in den ärmsten Staaten der Welt etwa Stürmen, Überflutungen oder Dürreperioden hilflos gegenüber. Dies müsse sich dringend ändern. Laut UN-Angaben seien 90 Prozent der Katastrophen in den vergangenen 20 Jahren auf extreme Wetterereignissen zurückzuführen.
Weltkirche-Bischof Schick ruft zu nachhaltigem Konsum auf
Auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sprach sich mit Blick auf den Welternährungstag für ein klimaschonendes Leben aus. Naturkatastrophen wie zuletzt der Wirbelsturm Matthew in Haiti oder das Ausbreiten der Dürreregionen wegen des Klimawandels zerstörten die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen für den Nahrungsmittelanbau. „Wir könnten durch klimagerechtes Verhalten dazu beitragen, dass die Wüstenzonen sich nicht ausbreiten und an den Meeresrändern nicht durch Hurrikans und Tsunamis fruchtbares Land zerstört wird“, sagte Schick, der auch Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz ist.
Zudem rief der Bamberger Oberhirte dazu auf, das eigene Konsumverhalten kritisch zu hinterfragen. Jedes Jahr würden 18 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. „Was wir einsparen, wenn wir nicht unnötige Lebensmittel kaufen, können wir spenden für die, die Hunger leiden“, so Schick.
Am Dienstag hatte die Welthungerhilfe den Welthunger-Index vorgestellt. Darin ist von Fortschritten im Kampf gegen den Hunger die Rede. Allerdings seien immer noch 50 Staaten massiv davon bedroht. Weltweit sind 795 Millionen Menschen unterernährt.
© KNA