Justitia et Pax moderiert Agrardialog zwischen Hilfswerken und Landwirten
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Justitia et Pax moderiert Agrardialog zwischen Hilfswerken und Landwirten

Bonn/Münster ‐ Wie sieht eine nachhaltige Agrarwirtschaft in Nord und Süd aus? Deutsche Landwirte und Entwicklungsorganisationen sind sich in diesem Punkt nicht immer einig. Darum hat die Deutsche Kommission Justitia et Pax nun einen bundesweiten Dialog angestoßen.

Erstellt: 21.11.2016
Aktualisiert: 12.09.2022
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Die Deutsche Kommission Justitia et Pax hat einen bundesweiten Dialogprozess zwischen katholischen Entwicklungsorganisationen und Landwirten ins Leben gerufen. Ziel sei es, gemeinsam über die künftige Ausrichtung der Landwirtschaft in Deutschland zu diskutieren, wie die Organisation am Freitag in Bonn mitteilte.

Zum Hintergrund des nun gestarteten Dialogprozesses erklärte Justitia et Pax, katholische entwicklungspolitische Organisationen in Deutschland setzten sich in ihren Positionen kritisch mit der derzeitigen Landwirtschaft in Europa auseinander. Sie hielten die Agrarpolitik zumindest für mitverantwortlich für Probleme in den Entwicklungsländern. Bei den deutschen Bauern habe diese Haltung zu großer Verunsicherung geführt. Sie sähen sich an den Pranger gestellt und für die Verhältnisse in den Entwicklungsländern verantwortlich gemacht, erläuterte Justitia et Pax. Dabei seien sie als Erzeuger selbst dem Markt ausgeliefert und vor allem in den letzten zwei Jahren zunehmend in wirtschaftlicher Not.

Bild: © Justitia et Pax

Die erste Dialogveranstaltung fand Anfang November in der katholischen Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster statt. Daran teil nahmen Vertreter des Hilfswerks Misereor, des Katholischen Landvolks (KLB), der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB), der Katholischen Landfrauen, der Katholischen Frauengemeinschaft in Deutschland (KFD) und vom Kolping-Verband.   

Ulrich Oskamp, Mitglied der KLB im Bistum Münster, und die KLB-Bundesvorsitzende Nicole Podlinski betonten, dass die Bauernfamilien in Deutschland einen drastischen Strukturwandel erlebten, der sich aktuell sogar beschleunige. Seit 1950 seien 88 Prozent der Betriebe und 25 Prozent der Agrarflächen verschwunden. Der Pachtanteil der Flächen steige, Bauern seien seltener Eigentümer, so die beiden KLB-Vertreter. Zugleich seien die Gewinne niedrig. Staatliche Transferzahlungen machten einen Großteil des Einkommens aus.

KLB: Bauern im Norden und Süden nicht gegeneinander ausspielen

Podlinski betonte, dass die Probleme der Landwirte in den Ländern des Südens wie des Nordens ähnlich gelagert seien: große Marktschwankungen, unsichere politische Rahmenbedingungen, mangelnde Wertschätzung von Lebensmitteln und der Arbeit auf den Höfen, geringe Einkommen.

Es brauche in beiden Erdteilen Rahmenbedingungen, die die Menschen vor Ort miteinbezögen. Podlinski warnte davor, die Bauern in Nord und Süd gegeneinander auszuspielen. Die Befürchtung sei groß, dass am Ende genau die Landwirte verlören, die beide Seiten als Idealbild vor Augen hätten, nämlich die bäuerlichen, familienorientierten und selbstständigen Betriebe.

Misereor: Weltmarkt macht Hunger

Kerstin Lanje von Misereor erklärte, viele Entwicklungsländer hätten die Landwirtschaft lange vernachlässigt und die Produktion von sogenannten „cash crops“, vermarktungsfähigen Agrargütern, propagiert. Die Rechnung, dass damit schon das Einkommen der Kleinbauern zu garantieren sei, gehe jedoch nicht auf. „Weltmarkt macht Hunger“, sagte die Misereor-Referentin, wenn europäische Waren auf dem afrikanischen Markt landeten.

Die Kleinbauern z. B. in Burkina Faso könnten mit der Konkurrenz aus Europa nicht mithalten. Lanje sah sowohl eine vollständige Handelsliberalisierung als auch einige Ansätze einer Agrarmodernisierung in den Ländern selbst kritisch. Dabei würde Land verteilt, das als frei gelte, tatsächlich aber von Kleinbauern bewirtschaftet werde.

Professor Johannes Wallacher von der Hochschule für Philosophie in München zog eine positive Bilanz der ersten Dialogveranstaltung zwischen Entwicklungsorganisationen und Landwirten in Münster. Justitia et Pax werde den Dialog auf den verschiedenen Ebenen und mit den unterschiedlichen Akteuren fortführen und intensivieren, so Wallacher. (lek/Justitia et Pax)

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