Ab Mittwoch leben wir ökologisch auf Pump
Umwelt ‐ Es ist ein jährliches Ritual. Und jedes Mal liegt der Weltüberlastungstag früher. Diesmal am 2. August. Nach gut sieben Monaten hat die Menschheit so viele Ressourcen verbraucht, wie die Erde in zwölf Monaten produziert.
Aktualisiert: 01.08.2017
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Es ist ein jährliches Ritual. Und jedes Mal liegt der Weltüberlastungstag früher. Diesmal am 2. August, also am Mittwoch. Nach gut sieben Monaten hat die Menschheit so viele Ressourcen verbraucht, wie die Erde in zwölf Monaten produziert.
Wer jeden Monat sein Konto überzieht, ist schnell pleite. Von Mittwoch an leben auch die 7,5 Milliarden Erdbewohner quasi auf Pump. Denn dann sind nach Berechnungen von Wissenschaftlern des Global Footprint Network, einer Forschungsgruppe mit Sitz im kalifornischen Oakland, die gesamten nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Erde für dieses Jahr verbraucht. Im Vergleich zum Vorjahr ist der „Erdüberlastungstag“ oder „Welterschöpfungstag“ dabei erneut um sechs Tage nach vorn gerückt.
Die Menschheit lebt von der Substanz. Sie verbraucht mehr Holz, Pflanzen, Futtermittel, Fisch und Nahrungsmittel, als in Fischgründen, Wald-, Weide- und Ackerflächen jährlich generiert werden können. Am 2. August wollen deshalb die Organisationen INKOTA, Germanwatch, BUNDjugend, FairBindung und Naturschutzjugend (NAJU) mit einer Aktion vor dem Brandenburger Tor in Berlin die nächste Bundesregierung auffordern, sich für konkrete Maßnahmen zur Senkung des Ressourcenverbrauchs einzusetzen.
Die Erde ist kein Online-Shop
„Die Erde ist kein Online-Shop mit scheinbar unbegrenztem Angebot. Jetzt ist der Laden leer“, erklärt Christoph Röttgers von der Naturschutzjugend. „Alles, was wir ab heute verbrauchen, ist Diebstahl an künftigen Generationen. Es ist Aufgabe der Politik, das zu verhindern.“
Schon seit Mitte der 1980er Jahre ist der jährliche Verbrauch der Menschheit an natürlichen Ressourcen größer als die Regeneration in der Natur. 1987 war das Ökokonto nur leicht überzogen: Damals lag der Earth Overshoot Day „erst“ am 19. Dezember. Seither rutscht er im Kalender immer weiter nach vorne. 2011 war schon am 27. September alles aufgebraucht. 2012 kam ein ganzer Schuldenmonat dazu: Der 22. August war der Tag der Erderschöpfung. 2016 war es am 8. August so weit.
Die Weltbevölkerung bräuchte 1,7 Erden
Die Weltbevölkerung wächst. Der Verbrauch an Brennstoffen, Nahrungsmitteln, aber auch Wasser steigt. Um den weltweiten Bedarf an natürlichen Ressourcen wie Wäldern, Ackerland und Fischgründen zu decken, bräuchte die Weltbevölkerung rechnerisch 1,7 Erden, haben Wissenschaftler errechnet. „Weitermachen wie bisher würde heißen, dass wir im Jahre 2030 schon zwei Erden bräuchten und vielleicht 2050 dann drei Erden“, sagt Jürgen Knirsch, Experte bei Greenpeace.
Den Berechnungen zufolge leben mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern mit einem ökologischen Defizit. Deutschland ist dabei alles andere als ein Vorbild: Würden alle Länder der Welt so wirtschaften wie die Bundesrepublik, wären nach Germanwatch-Angaben sogar 3,2 Planeten nötig.
Deutschland ist alles andere als ein Vorbild
Für Deutschland allein wurde der Erdüberlastungstag deshalb in diesem Jahr schon am 24. April ausgerufen. Vor allem der enorme Flächenbedarf, insbesondere für den Anbau von Futtermitteln für die Fleischproduktion, sowie die hohen CO2-Emissionen in den Bereichen Energie, Verkehr und industrieller Landwirtschaft tragen hierzulande zur Überlastung der Erde bei.
Damit liegt der ökologische Fußabdruck Deutschlands im oberen Viertel aller Länder; die Bundesrepublik liegt auf Platz 31 im weltweiten Ranking. Zum Vergleich: Bei einem weltweiten Konsum- und Lebensstil wie in den USA wären fünf Erden notwendig, bei einem Lebensstil wie in China 2,1 Erden, in Frankreich und Großbritannien 3.
„Wir leben auf einem Planeten mit begrenzten natürlichen Ressourcen“, appelliert deshalb Mathis Wackernagel vom Global Footprint Network an die Regierungen der Welt. Es sei deshalb unbedingt erforderlich, die internationalen Verpflichtungen aus dem Weltklimavertrag und den von der UNO verabschiedeten nachhaltigen Entwicklungszielen einzuhalten.
Das Global Footprint Network verweist darauf, dass sich der ökologische Fußabdruck der USA und der Bundesrepublik in den vergangenen fünf Jahren deutlich verkleinert habe – wegen der Wirtschaftskrise, aber auch Dank der Klimaschutzmaßnahmen und der Energiewende.
Derzeit, so Wackernagel, mache der Co2-Ausstoß fast 60 Prozent des ökologischen Fußabdrucks weltweit aus. „Wenn wir ihn auf die Hälfte begrenzen könnten, würde sich der Welterschöpfungstag um fast drei Monate nach hinten verschieben.“
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