Weg frei zur Seligsprechung algerischer Märtyrer
Algerien ‐ Der Film „Von Menschen und von Göttern“ machte vor allem die sieben ermordeten Mönche von Tibhirine bekannt. Die bevorstehende Seligsprechung von insgesamt 19 algerischen Märtyrern will aber über ihren Ruhm hinausweisen.
Aktualisiert: 29.01.2018
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Der Film „Von Menschen und von Göttern“ machte vor allem die sieben ermordeten Mönche von Tibhirine bekannt. Die bevorstehende Seligsprechung von insgesamt 19 algerischen Märtyrern will aber über ihren Ruhm hinausweisen.
Die sieben französischen Trappisten des Klosters Notre-Dame de l'Atlas im Norden Algeriens wurden im März 1996 während des Bürgerkriegs entführt. Zu der Tat bekannte sich die terroristische Splittergruppe Groupe Islamique Armé, die die Freilassung eines ihrer Anführer forderte. Ende Mai wurden die abgetrennten Köpfe der Mönche gefunden; die Körper blieben verschwunden.
Bis heute ist unklar, ob die sieben Trappisten tatsächlich von ihren Entführern oder aber vom algerischen Militär und Geheimdienst getötet wurden. Der französische Regisseur Xavier Beauvois griff die Ereignisse in seinem vielfach preisgekrönten Film „Von Menschen und Göttern“ (2010) auf – und machte ihr Schicksal damit einem breiteren Publikum bekannt.
Am Wochenende hat nun Papst Franziskus das Martyrium von insgesamt 19 Ordensleuten anerkannt, die zwischen 1994 und 1996 in Algerien ermordet wurden. Darunter sind die sieben Trappisten von Tibhirine, der Dominikaner und Bischof von Oran, Pierre Claverie (1938-1996), sowie weitere Ordensmänner und -frauen, die für ihren Glauben starben. Wenige Monate nach der Tat von Tibhirine kam Bischof Claverie durch ein Bombenattentat am Eingang seiner Kathedrale ums Leben. Mit der Anerkennung ihrer Martyrien „aus Hass gegen den Glauben“ können die Seligsprechungsverfahren nun in die finale Phase gehen.
Der frühere Erzbischof von Algier, Henri Antoine Marie Teissier, stellt klar, dass das Verfahren „Pierre Clavier und 18 Gefährten“ tatsächlich allen Gewaltopfern gewidmet sei. Es gehe auch darum, den Algeriern und der muslimischen Gemeinschaft verständlich zu machen, dass in der Verpflichtung zur Verehrung der eigenen, christlichen Märtyrer auch eine Anerkennung für die Treue, die Arbeit und den Mut all jener Nichtchristen liege, die damals „denselben Preis bezahlt haben“. Dies gelte etwa auch für 99 ermordete Imame, die sich weigerten, die Legitimität der Gewalttaten jener Zeit anzuerkennen.
Der heute 88-jährige Erzbischof erläuterte im Interview der Zeitung „La Croix“, der Wunsch nach einer Seligsprechung der algerischen Märtyrer sei bei einer Pilgerfahrt nach Rom im Heiligen Jahr 2000 entstanden. Papst Johannes Paul II. habe damals bei einer Gedenkfeier im Kolosseum für die Märtyrer des 20. Jahrhunderts auch die Trappisten von Tibhirine erwähnt.
Seligsprechung war anfangs umstritten
Allerdings, so Teissier, habe es zu Beginn keineswegs Einstimmigkeit in der Frage gegeben. Andere Ordensgemeinschaften, etwa die Weißen Väter, verwiesen darauf, dass es in anderen Ländern Afrikas ebenfalls Opfer gegeben habe, so im Kongo oder in Ruanda – warum also die Algerier hervorheben? Und die Kleinen Schwestern vom Heiligsten Herzen Jesu hätten geltend gemacht, dass es nicht ihre Berufung sei, „sich in den Vordergrund zu setzen“. Es habe Jahre gebraucht, bis das Verfahren schließlich 2007 tatsächlich aufgenommen wurde.
Dass es nun so schnell geht, hält der Erzbischof allerdings für wenig erstaunlich: Das Glaubenszeugnis der algerischen Märtyrer sei „von großer Aktualität für unser Jahrhundert“; siehe auch die Ermordung des französischen Priesters Jacques Hamel durch Islamisten im Juli 2016. Der frühere Algerien-Soldat hatte eine starke geistliche Bindung zu den Mönchen von Tibhirine.
Der Postulator (Anwalt) für die Seligsprechung, der Trappist Thomas Georgeon, erklärte, die getöteten Ordensleute hätten das Gesicht Jesu Christi in der muslimischen Welt sein wollen. Ihre Seligsprechung könne auch eine neue geistliche Dynamik für den islamisch-christlichen Dialog bringen, sagte er „La Croix“.
Unterdessen bleiben die Bindungen zwischen der Kirche der einstigen Kolonialmacht Frankreich und der kleinen Kirche Algeriens stark. Frankreichs Primas Kardinal Philippe Barbarin besuchte etwa im November 2016 den letzten überlebenden Mönch von Tibhirine in Marokko. Er zeigte sich damals sehr bewegt, gemeinsam mit ihm Allerheiligen zu feiern; er habe „das Mysterium der Gemeinschaft der Heiligen berührt“.
Der heute 93-jährige Bruder Jean-Pierre Schumacher arbeitete damals in Tibhirine im Gästetrakt des Klosters; daher war er nachts bei der Entführung nicht bei den anderen. Der letzte Überlebende von Tibhirine lebt heute in der kleinen Gemeinschaft des Trappistenklosters „Notre-Dame am Atlas“ im nordmarokkanischen Midelt.
Unter dem Radar bleiben einstweilen Pläne, nach denen möglicherweise bald wieder eine religiöse Gemeinschaft ins Kloster Tibhirine einziehen könnten. Entsprechende Pläne hatte Ende 2015 der Vorsitzende der katholischen Bischöfe in Algerien, Erzbischof Paul Desfarges, offenbart. Seitdem bleiben aber weitere Informationen darüber aus. Nach Angaben von Desfarges wurde das Kloster seit dem Mord nie ganz aufgegeben. Regelmäßig werde es von in Algerien lebenden Priestern besucht. Einige einheimische Landarbeiter kümmerten sich um die rund 2.000 Obstbäume des Anwesens.