Nicaragua: Präsident markiert Härte
Nicaragua ‐ Keine vorgezogenen Wahlen trotz massiver Proteste: Nicaraguas umstrittener Präsident Daniel Ortega hat in einem Interview seine harte Linie bekräftigt und zugleich den Vorwurf gezielter Repressionen gegen die Kirche und Zivilbevölkerung in Nicaragua zurückgewiesen.
Aktualisiert: 26.10.2022
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Keine vorgezogenen Wahlen trotz massiver Proteste: Nicaraguas umstrittener Präsident Daniel Ortega hat in einem Interview seine harte Linie bekräftigt und zugleich den Vorwurf gezielter Repressionen gegen die Kirche und Zivilbevölkerung in Nicaragua zurückgewiesen. Die Bischöfe ließen derweil offen, ob sie in der Krise weiter vermitteln wollen.
Mehr als 350 Tote hat es bei den Protesten gegen den autoritären Präsidenten in den letzten drei Monaten gegeben. Doch Daniel Ortega lässt sich weder von den Protesten der nicaraguanischen Bürger noch von internationaler Kritik beeindrucken. In einem aufgezeichneten Interview des Fernsehsenders Fox News erteilte er am Montag der Forderung nach vorgezogenen Neuwahlen eine Absage. Wahlen würden wie geplant im Jahr 2021 stattfinden, nicht früher, so Ortega.
Ortega streitet eine Verfolgung der Kirche ab
In dem Fernsehinterview stritt er zugleich ab, er würde paramilitärische Gruppen kontrollieren, die für die Tötungen von Zivilisten seit Beginn der Proteste im April verantwortlich sind. Solche Gruppen würden hingegen von seinen politischen Gegnern und aus dem Ausland unterstützt, so der Politiker. Auch die Verantwortung für die Angriffe auf katholische Kirchenvertreter der letzten Wochen wies Ortega zurück.
Massive Angriffe auf Kirchenvertreter
Der Erzbischof von Managua, Kardinal Leopoldo José Brenes Solórzano, hatte am Sonntag dagegen von einer gezielten Verfolgung der Kirche durch das Regime Ortega gesprochen. Kardinal Brenes bezog sich dabei auf massive Angriffe auf Kirchenvertreter und Einrichtungen der Kirche durch regierungsnahe Aktivisten, bei denen mehrere Menschen getötet und verletzt worden waren. Gegenüber der Kirche signalisierte Ortega in dem Fernsehinterview überraschenderweise Gesprächsbereitschaft, ohne jedoch seinerseits Kompromissbereitschaft zu signalisieren.
„Wir laden die katholische Kirche dazu ein, mit dem Dialog fortzufahren, damit der Dialog wachsen und sich auf offene Weise entwickeln kann“, so Ortega auf Fox News. In der vergangenen Woche hatte er Nicaraguas Kirche noch vorgeworfen, mit Putschisten zusammenzuarbeiten und sie als mögliche Vermittlerin ausgeschlossen. Er hatte sich dabei auf einen Vorstoß der Bischöfe und der Zivilgesellschaft bezogen, die vorgezogene Neuwahlen als Lösung der innenpolitischen Krise vorgeschlagen hatten. Nicaraguas Bischöfe ließen nach einer Krisensitzung am Montag derweil offen, ob sie im nationalen Dialog weiter als Vermittler auftreten wollen.
Wie die nicaraguanische Zeitung „La Prensa“ an diesem Montag in ihrer Online-Ausgabe berichtet, ist in der nach dem Treffen veröffentlichten Abschlusserklärung der Bischöfe von dieser Option keine Rede. Versuche von Seiten der Kirche, Gespräche zwischen den Konfliktparteien zu moderieren, waren in den letzten Wochen aufgrund der gewaltsamen Auseinandersetzungen mehrfach unterbrochen und zuletzt ausgesetzt worden.
Der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hatte zuletzt betont, für eine friedliche Lösung in Nicaragua brauche es sowohl die Kompromissbereitschaft der Regierung als auch von Seiten Oppositioneller. Papst Franziskus hatte Anfang Juli bekräftigt, er bete für eine friedliche Lösung in dem Land und hatte die Bischöfe Nicaraguas dazu ermutigt, mit den Bemühungen um Vermittlung fortzufahren. Am Wochenende hatte es in ganz Nicaragua weitere Demonstrationen gegeben; auch von Übergriffen auf kirchliche Einrichtungen war die Rede.
Am Montag gingen in Managua sowohl Gegner als auch Befürworter von Präsident Ortega auf die Straße. Die Gemeinschaft amerikanischer Staaten (OAS) hatte vergangene Woche eine Resolution verabschiedet, in der von Verstößen gegen die Menschenrechte durch die Polizei und bewaffnete Regierungsbefürworter in Nicaragua die Rede ist.
Von Anne Preckel (Vatican News)
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