Friedensgespräche zum Südsudan im Vatikan
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Friedensgespräche zum Südsudan im Vatikan

Friedensarbeit ‐ Der „jüngste Staat der Welt“ kennt Frieden nur als fernen Traum. Seit der Gründung 2011 tobt im Südsudan ein blutiger Machtkampf. Die beiden größten Kontrahenten reisen nun zu Gesprächen in den kleinsten Staat der Welt.

Erstellt: 08.04.2019
Aktualisiert: 30.11.2022
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Der „jüngste Staat der Welt“ kennt Frieden nur als fernen Traum. Seit der Gründung 2011 tobt im Südsudan ein blutiger Machtkampf. Die beiden größten Kontrahenten reisen nun zu Gesprächen in den kleinsten Staat der Welt.

Es war ein veritabler diplomatischer Coup, den der Vatikan vor einigen Tagen ankündigte. In dieser Woche sind der südsudanesische Präsident Salva Kiir und sein Erzrivale Riek Machar zu einem Austausch eingeladen. Am Mittwoch und Donnerstag sind der südsudanesische Präsident Salva Kiir und sein Erzrivale Riek Machar zu einer Begegnung in den Vatikan eingeladen. Das Friedenstreffen der Kontrahenten, das der Vatikan fromm als „geistliche Einkehr“ bezeichnet, geht offenbar auf eine Idee des anglikanischen Primas, Erzbischof Justin Welby, zurück, und hat einen gewissen Vorlauf.

Vom 21. bis 25. März reiste der Außenbeauftragte des Heiligen Stuhls, Erzbischof Paul Richard Gallagher, in die südsudanesische Hauptstadt Juba und sprach dort sowohl mit Kiir, den er eine Woche zuvor noch im Vatikan getroffen hatte, als auch mit einer Delegation der oppositionellen SPLM-IO, geleitet von deren sicherheitspolitischer Sprecherin Angelina Teny, die auch Ehefrau Machars ist. Thema war laut Vatikan die Implementierung des im September geschlossenen Abkommens, das den seit der Loslösung vom Sudan 2011 immer wieder aufbrechenden Dauerkonflikt lösen soll.

Offenbar versucht die katholische Kirche mit größerem Nachdruck, den Prozess anzuschieben. Ende Februar beklagten die katholischen Bischöfe des Landes – anders als im benachbarten Sudan dominieren im Südsudan die Christen – in einer gemeinsamen Erklärung den Rückstand im Zeitplan, weiter andauernde Menschenrechtsverletzungen und fehlende Justiz vor dem Hintergrund einer katastrophalen humanitären Lage. Als Signal der Kirchenleitung ist auch die Berufung eines neuen Nuntius für den Südsudan im März zu werten, Hubertus Matheus Maria van Megen.

Der 57-jährige niederländische Vatikandiplomat diente seit 2014 als Botschafter im Sudan. Er residiert nun zwar in Kenia; um aber im Südsudan personell stärker präsent zu sein, ernannte der Papst schon im Juni einen eigenen Nuntiatur-Geschäftsträger für Juba, den kenianischen Geistlichen Mark Kadima. Jubas Erzbischof Paulino Lukudu, der seinen Gläubigen schon 2015 seinen altersbedingten Rücktritt ankündigte, ist auf Wunsch des Papstes mit 78 immer noch im Amt. Der Vatikan will anscheinend erfahrene und kompetente Mitarbeiter auf den Schlüsselposten im Südsudan.

Gründe für das Engagement liegen auf der Hand: Schätzungsweise 1,9 Millionen Menschen leben im Südsudan als Binnenvertriebene, weitere 2,2 Millionen Menschen sind in Nachbarländer geflohen; mehr als 6 Millionen droht schwerer Hunger. Ursachen sind eine Vielzahl von sozialen und politischen Auseinandersetzungen, die teils auch noch aus dem Unabhängigkeitskampf mit dem Sudan herrühren.

Als weiterer wichtiger Treiber gilt laut Analysen von UN und Hilfsorganisationen die Kontrolle über die Ölvorkommen, den bedeutendsten Reichtum des Landes. Ein Beispiel: Weil Gemeinden und Bundesstaaten, auf deren Gebiet die Vorkommen liegen, seit 2013 ein Anrecht auf einen Anteil aus den Einnahmen haben, eskalieren immer wieder Streitigkeiten um Grenzziehungen. Seit längerem gibt es laut Beobachtern Bestrebungen, möglichst viele Ölfelder unter Kontrolle der Dinka zu bringen. Das ist die größte Volksgruppe im Südsudan – der auch Präsident Kiir angehört.

Angesichts der verworrenen Lage sucht der Heilige Stuhl auch das Gespräch mit möglichst vielen Seiten. So beriet Erzbischof Gallagher in Juba mit dem UN-Sonderbeauftragten David Shearer über die politische Situation, die Sicherheitslage und das internationale Engagement. Bei zwei anderen Gelegenheiten traf er sich mit dem diplomatischen Corps – einmal am Sitz von US-Botschafter Thomas Hushek, tags darauf bei EU-Botschafterin Sinead Walsh.

Bei dem nun bevorstehenden Treffen im Vatikan sind neben Kiir und Machar unter anderen auch verantwortliche Politiker der Übergangsregierung eingeladen, die ab 12. Mai ihre Geschäfte aufnehmen soll.

Zum Abschluss ist dem Vernehmen nach geplant, den Teilnehmern eine signierte Bibel zu überreichen. Sie trägt die Widmung: „Suche, was eint, überwinde, was spaltet“, unterzeichnet von Primas Welby, Papst Franziskus sowie Reverend John Chalmers, früherer Moderator der presbyterianischen Kirchen Schottlands. Ein geistlicher Impuls für den Katholiken Kiir und den Presbyterianer Machar.