Katholische Medien in Indien auf der Suche nach sich selbst
Bild: © Missio

Katholische Medien in Indien auf der Suche nach sich selbst

Bildung ‐ In Rankings zu Religions- und Pressefreiheit belegt Indien einen der hinteren Plätze. Pfarrer Francis Maria Britto umreißt die Probleme der katholischen Medien Indiens.

Erstellt: 29.02.2020
Aktualisiert: 30.11.2022
Lesedauer: 

In Rankings zu Religions- und Pressefreiheit belegt Indien einen der hinteren Plätze. Pfarrer Francis Maria Britto umreißt die Probleme der katholischen Medien Indiens.

Die Preisverleihung an verdiente Journalisten soll ein Höhepunkt der Konferenz der Indian Catholic Press Association (ICPA) am 29. Februar in Neu Delhi sein. Einer der Preisträger ist Erzbischof Thomas Menamparampil (83) für „seine scharfsinnigen Analysen soziokultureller und politischer Fragen“. Der emeritierte Erzbischof von Guwahati wirkte unter anderem als Mittler im Konflikt zwischen den verschiedenen Volksgruppen im krisengeschüttelten Assam in Nordostindien.

Konflikte zwischen ethnischen Gruppen oder auch den Kasten-Indern auf der einen und den bitterarmen Dalit auf der anderen Seite sind im Land Alltag. Vor allem aber eine regelrechte Kriegserklärung der Hindunationalisten an die Minderheiten der Muslime und Christen prägen Indiens Gesellschaft, seit vor gut fünf Jahren Narendra Modi und seine Indische Volkspartei (BJP) die Regierung übernahmen.

Doch auch die katholische Kirche Indiens gleicht einem Tollhaus. Mehrere Bischöfe und Priester sorgen mit Verfehlungen, Korruption oder schlechter Verwaltung für Schlagzeilen. Mit Franco Mulakkal steht gar ein Bischof wegen Vergewaltigung einer Ordensfrau vor Gericht. Katholische Kritiker solcher innerkirchlichen Sünden werden oft ausgegrenzt und schikaniert. Genug Stoff also für den dortigen katholischen Journalismus, sollte man meinen.

Und an katholischen Medien von Gemeindebriefen über Jugendmagazine bis hin zu veritablen Medien wie „Matters India“ oder „Currents India“ mangelt es auch nicht. Doch die Realität sieht anders aus. Die Preisverleihung an verdiente katholische Journalisten wird der fröhlichere Teil der ICPA-Konferenz sein. Im Zentrum aber werden essentielle Fragen diskutiert wie „Wer sind wir?“, „Wo stehen wir?“ und „Sind wir überhaupt noch relevant?“

„Mit den katholischen Medien geht es bergab. Sie sind nicht mehr so einflussreich wie früher“, analysiert der Journalist und ICPA-Präsident Ignatius Gonsalves aus Kochi in Kerala im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Auch die indischen Medien würden vom globalen Trend der Printmedien-Krise nicht verschont. Die Menschen seien zu sehr mit der Bewältigung ihres Alltags beschäftigt, um noch Muße zum Lesen zu haben. Die junge Generation sei in den Sozialen Medien aktiv und entferne sich immer mehr von Kirche. Das größte Problem aber sei „mangelhafte Professionalität in den katholischen Medien“, so Gonsalves.

Für Pfarrer Francis Maria Britto, seit Jahrzehnten Autor für das Onlinemagazin „Matters India“ und andere katholische Publikationen, sind auch Priester und Bischöfe Teil der Krise der katholischen Medien. „Viele Priester und Ordensfrauen lesen nicht mehr“, klagt der Gemeindepfarrer aus Chhattisgarh der KNA. Den Bischöfen wirft Britta vor, kein Interesse an Medien und Medienarbeit zu haben. „Sie erkennen nicht die Bedeutung der Medien; der Umgang damit ist nicht Teil ihrer Ausbildung.“

Unabhängige Medien haben im Indien des hindunationalistischen Regierungschefs Modi generell einen schweren Stand. „Pressefreiheit ist eine Sache der Vergangenheit“, meint „Matters India“ - Chefredakteur Jose Kavi bitter. In der Rangliste der Pressefreiheit 2019 von Reporter ohne Grenzen belegt Indien Rang 140 von 180 bewerteten Ländern.

Anders als die Kirche weiß Modis Partei BJP sehr gut um die Bedeutung der Medien. „Die BJP hat ihre Leute überall in den Medien“, sagt ICPA-Präsident Gonsalves. Seit vielen Jahren platziere sie loyale Parteigänger in den Redaktionen und Journalistenschulen. Die zunehmende Unterdrückung religiöser Minderheiten bekämen auch katholische Journalisten in den Mainstream-Medien zu spüren. Oft trauten sie sich „aus Angst vor einem Karriereknick nicht, sich als Katholiken zu erkennen zu geben“, so Gonsalves. Das wirke sich nicht zuletzt auch bei der Konferenz aus. „Zwei katholische Journalisten haben es abgelehnt, von der ICPA mit Preisen ausgezeichnet zu werden.“

 

© KNA