Präsidentenwahl in Kongo-Brazzaville – Angst vor Gewalt steigt
Afrika ‐ In der Republik Kongo-Brazzaville finden am 21. März Präsidentenwahlen statt. Viele Jugendliche in dem verarmten Land kennen nur einen Regenten: Denis Sassou Nguesso. Daran wird sich voraussichtlich so bald nichts ändern.
Aktualisiert: 15.03.2021
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Mit 37 Amtsjahren zählt Denis Sassou-Nguesso (77) zu den am längsten regierenden Präsidenten Afrikas. In seiner ländlichen Heimat kennen ihn die Kongolesen als Rinder- und Straußenfarmer sowie als fürsorglichen Ehemann. In der Hauptstadt Brazzaville jedoch ist er für seine harte Hand bekannt. Vor den Präsidentenwahlen am kommenden Sonntag (21. März) steigt in dem zentralafrikanischen Land die Angst, Sassou-Nguesso könnte sich eine erneute Amtszeit mithilfe seiner Armee sichern - es wäre nicht das erste Mal.
„Obwohl die Republik Kongo die Fassade der Demokratie wahrt, führt Sassou ein Militärregime und zögerte in der Vergangenheit nicht, Widerstand mittels Gewalt zu zerschlagen“, sagt David Zounmenou, Forscher am Institut für Sicherheitsstudien (ISS) in Pretoria. Kongos Armee habe stets bereitgestanden, Proteste gegen seine Führung aufzulösen. Zuletzt sei dies 2015 der Fall gewesen.
Damals ließ Sassou-Nguesso in einem Referendum über eine Verfassungsänderung abstimmen, welche es ihm erlaubte, im Jahr darauf für eine dritte Amtszeit anzutreten. Das Zustandekommen der Zustimmung für die Verfassungsänderung von über 90 Prozent gilt als umstritten. Schon vor dem Votum waren in Brazzaville heftige Proteste gegen das Regime ausgebrochen. Sicherheitskräfte beschossen Oppositionsanhänger aus Helikoptern mit Tränengas. Diese warnten ihren Präsidenten mit Rufen und Schildern: „Der Kongo ist nicht Nguessos Eigentum“. Die Sorge von Konfliktforscher Zounmenou: „2021 könnte es ähnlich aussehen.“
Kopfzerbrechen bereiten Beobachtern vor allem die jüngsten Enthüllungen des „Organized Crime and Corruption Reporting Projects“ (OCCRP): Die Gemeinschaft von Investigativreportern berichtete im Februar von Waffenlieferungen an Sassou-Nguessos Regime. Voriges Jahr sei ein Schiff, beladen mit Mörsergranaten, Raketen und Sprengstoff, in Brazzaville eingelaufen. „Seit mehreren Jahren kauft die Republik Kongo heimlich ein Arsenal an Waffen aus Aserbaidschan. Gegner des Präsidenten sagen, die jüngste Lieferung sei dazu bestimmt, seinen Griff um die Nation weiter zu festigen“, berichtet das Afrika-Magazin The Continent.
Demnach habe der Kongo seit 2015 nicht weniger als 17 Waffenlieferungen vom Verteidigungsministerium des vorderasiatischen Staats erhalten. Ebenfalls involviert sei Saudi-Arabien, das als „Spender“ in Dokumenten auftaucht. Die Waffen sollen bereits 2016 zum Einsatz gekommen sein. Damals griffen Regierungstruppen bei einer Auseinandersetzung mit oppositionellen Rebellen in der Region Pool auch zivile Einrichtungen an.
Oft wird die Republik Kongo mit ihrem viel größeren Nachbarn, der Demokratischen Republik Kongo, verwechselt. Die Probleme sind an beiden Ufern des Kongo-Flusses die gleichen: Das Land ist reich an Rohstoffen, doch der Großteil der Bevölkerung lebt in Armut. „Jobs und eine Anstellung, danach fiebern wir“, klagt ein Bewohner dem Sender Africanews. Sassou-Nguesso tourte während des Wahlkampfs auch durch ländliche Regionen, wo es an Straßen, Schulen und Strom fehlt. Dort versprach er den Bewohnern, ihre Probleme anzupacken. Weshalb er dies in den letzten vier Jahrzehnten so zögerlich tat, blieb er den Wählern schuldig. Sassou regiert in Brazzaville, mit einer fünfjährigen Unterbrechung, seit 1979 autoritär.
Dahingestellt sei laut Zounmenou, ob Sassou Wahlversprechen überhaupt nötig hat: Der Langzeit-Herrscher stellt sich sechs weiteren Kandidaten, darunter seinem früherer Finanzminister Mathias Dzon und dem bei der Wahl 2016 Zweitplatzierten, Guy-Brice Parfait Kolelas. Doch Beobachter räumen ihnen nur wenige Chancen ein. Weil er nicht an freie und faire Wahlen glaubt, kündigte ein Teil der Opposition von vornherein einen Boykott an.
Auch die Bischöfe des Landes äußerten „Bedenken“ über den Wahlprozess. Kandidaten seien von dem Rennen ausgeschlossen worden, zudem fehle es an unabhängigen Wahlbeobachtern, sagt Zounmenou. „Sassou wird nicht verlieren, er hat dafür gesorgt, dass er an der Macht bleibt.“ Die Präsidentenwahl bezeichnet der Experte als „Übung mit vorbestimmtem Ausgang“.
Von Markus Schönherr (KNA)
© Text: KNA