Kritik an Abschiebeversuch verheirateter iranischer Christin

Kritik an Abschiebeversuch verheirateter iranischer Christin

Flucht und Asyl ‐ Der Bayerische Flüchtlingsrat hat die versuchte Abschiebung einer verheirateten jungen Iranerin aus Nürnberg als verfassungswidrig kritisiert. Die Betroffene sei seit Oktober 2019 mit einem anerkannten Flüchtling standesamtlich verheiratet, teilte der Flüchtlingsrat am Donnerstag mit.

Erstellt: 18.06.2021
Aktualisiert: 27.09.2022
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Als verfassungswidrig hat der Bayerische Flüchtlingsrat die versuchte Abschiebung einer verheirateten jungen Iranerin aus Nürnberg kritisiert. Die Betroffene sei seit Oktober 2019 mit einem anerkannten Flüchtling standesamtlich verheiratet, teilte der Flüchtlingsrat am Donnerstag mit. Die Ehe stehe unter dem besonderen Schutz des Staates. Eine Abschiebung würde eine Trennung des Paares auf unbestimmte Zeit bedeuten.

Der Mitteilung zufolge hat die Ausländerbehörde Nürnberg bereits am 22. Februar 2019 einen Familienvater und Ehemann nach Äthiopien abzuschieben versucht. Unter Verweis auf Artikel 6 (besonderer Schutz für Ehe und Familie) habe das Bundesverfassungsgericht dies in letzter Minute verhindert. „Die Ausländerbehörde hat absolut nichts dazugelernt“, bemängelte der Flüchtlingsrat.

Laut Rechtsanwältin Gisa Tangermann behauptet die Behörde, für ihre Entscheidung keinen Spielraum zu haben. Sie verlange die Ausreise, danach könne die Iranerin mit einem Visum für die Familienzusammenführung wieder einreisen. Laut Aufenthaltsgesetz könne eine Aufenthaltserlaubnis aber auch ohne Visum erteilt werden, um eine besondere Härte zu verhindern.

Eine solche sehen die Unterstützer des jungen Paares darin, dass sie Christen seien. Als Konvertiten drohten ihnen im Iran Strafverfolgung und gesellschaftlicher Ausschluss. Beide hätten sich in einer Kirchengemeinde kennen- und lieben gelernt; im Mai 2019 habe sich die Frau taufen lassen. Obwohl sie seit Jahren aktiv am Gemeindeleben teilnehme, sei ihr Asylantrag abgelehnt worden.

Nach Angaben des Flüchtlingsrats wurde die Frau am Mittwoch aus der Wohnung des Ehepaars geholt. Am Flughafen München sei die Abschiebung abgebrochen worden, da die Iranerin in ihrer Verzweiflung einen Suizidversuch unternommen habe. Derzeit befinde sie sich in ärztlicher Behandlung und werde von Polizisten überwacht.

Die Stadt Nürnberg teilte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zur Mitteilung des Flüchtlingsrates mit: „Der Vorwurf der Rechts- oder Verfassungswidrigkeit ist haltlos, dies weisen wir entschieden zurück.“

Trotz der Ehe sei eine Aufenthaltserlaubnis-Erteilung nicht möglich, hieß es. Die Äußerungen des Flüchtlingsrates seien unzutreffend, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stehe nicht im Ermessen der Ausländerbehörde. „Der Gesetzgeber geht davon aus, dass nach abgelehntem Asylverfahren erst eine Ausreise erfolgen muss“, so die Stadt. „Ausgenommen sind hier Aufenthaltstitel, auf die ein (echter) Rechtsanspruch besteht, dies trifft hier nicht zu.“ Man habe die Eheleute auf „die Möglichkeit der konstruktiven Begleitung dieses Visumverfahrens durch die Ausländerbehörde, insbesondere eine Vorabzustimmung zur Beschleunigung der Wieder-Einreise“, hingewiesen.

Überdies habe die Betroffene im Asylverfahren und vor Gericht eine innere Auseinandersetzung mit dem Christentum nicht glaubhaft darlegen können. „Das Gericht sah zudem keine ausreichende Darlegung gesundheitlicher Beeinträchtigungen.“ Man habe die Frau zuletzt Anfang Juni nochmals aufgefordert, qualifizierte Gründe vorzutragen, die einer Aufenthaltsbeendigung entgegen stehen würden; „eine Reaktion erfolgte nicht mehr“.

© KNA