Katholische Kirche auf Kuba unter Druck
Havanna ‐ Verfolgt, bedroht und vom Staat unterwandert - der Reformaufruf der Kirche auf Kuba eine Woche nach Ausbruch der sozialen Proteste setzt ihre Vertreter unter Druck. Manche warnen nun vor noch stärkeren Repressionen.
Aktualisiert: 11.01.2023
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Die Kirche auf Kuba hat nach den Protesten gegen die sozialistische Ein-Parteien-Regierung von Präsident Miguel Diaz-Canel Reformbereitschaft und den Willen zum Dialog angemahnt. Der Staat und seine Kritiker müssten einander zuhören, sagte der Vorsitzende der Kubanischen Bischofskonferenz und Bischof von Holguin, Emilio Aranguren Echeverria, am Freitag der italienischen Zeitung „La Repubblica“.
Kuba erlebe eine außergewöhnliche Situation. Es sei notwendig, die Nöte der Leute zu verstehen, um deren Unzufriedenheit zu überwinden. Der Erzbischof von Santiago de Cuba, Dionisio Garcia Ibanez, forderte laut regierungskritischem Portal „Diario de Cuba“ ein Entgegenkommen der Regierung. Es müsse Hoffnung und Zeichen des Wandels geben, sagte Garcia Ibanez. Jetzt zählten keine Ideologien mehr, sondern nur der Mensch.
Für Aufsehen sorgte am Wochenende ein mutmaßlicher Aufruf der katholischen Ordensschwester Maria Victoria Olavarrieta an Papst Franziskus, die Repression gegen das kubanische Volk zu verurteilen. Im Meer vor Kuba lägen neben Plastikmüll auch die sterblichen Überreste vieler Kubaner, die bei dem Versuch ertrunken seien, aus dem großen Gefängnis zu fliehen, in das die Castros ihr Land verwandelt hätten.
Auch die Kirche werde bedroht, verfolgt, bewacht und sei durchsetzt von Beamten der Staatssicherheit, heißt es in der Botschaft, die von vielen kirchennahen Portalen in Lateinamerika verbreitet wurde. Sie verstehe, wenn die kubanischen Bischöfe Angst hätten, sich zu äußern und sich klar auf die Seite des Volkes zu stellen. Aber die Bischöfe könnten mit einer gewissen Immunität sprechen, die ihnen Ihre Stellung verleihe.
Mitglieder der Jugendpastoral offenbar verhaftet
Das private katholische Mediennetzwerk Aciprensa berichtete über die Verhaftungen junger Katholiken auf Kuba, die an den Protesten teilgenommen hätten. Darunter seien auch Mitglieder der Jugendpastoral aus dem Süden Kubas.
Der Vorsitzende der Katholischen Vereinigung Lateinamerika und der Karibik für Kommunikation in Kuba, Xavier Carbonell, befürchtet eine neue Welle der Repression, wenn die internationale Unterstützung ausbleibe: „Nationale, venezolanische und russische TV-Sender haben die Berichterstattung über die Ereignisse in bösartiger Weise manipuliert“, so Carbonell in einem am Sonntag auf der Internetseite des Rates der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik (CELAM) veröffentlichten Bericht.
Das Volk gehe aber mitten in einer Pandemie nicht aus einer Laune heraus auf die Straße, „sondern aus extremer Verzweiflung“, betonte Carbonell. Wenn es einen Dialog und Veränderung gäbe, eröffne das die Möglichkeit eines besseren Landes, einer echten Zukunft. Anderenfalls drohe eine neue Welle der Repression, die noch härter ausfalle als bisher.
In Kuba kam es in den letzten Tagen zu Demonstrationen gegen die Versorgungslage im Land, staatliche Unterdrückung und für eine demokratische Öffnung des Ein-Parteien-Systems. Laut Vereinten Nationen sind dabei Dutzende Menschen festgenommen worden. Der Aufenthaltsort von 187 Vermissten sei unbekannt. Die Nichtregierungsorganisation „Prison Defenders“ berichtete, verhaftete Oppositionelle würden ohne Anklage, ohne Kontakt zur Familie und zu einem Anwalt festgehalten.
Angesichts der Proteste und Polizeigewalt auf Kuba hatte Papst Franziskus am Sonntag zum friedlichen Dialog in dem Land aufgerufen. Er sei dem „geliebten Volk der Kubaner in diesem schwierigen Moment nahe“, sagte das Kirchenoberhaupt beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Gott möge den Kubanern helfen, „in Frieden, Dialog und Solidarität eine immer gerechtere und geschwisterliche Gesellschaft aufzubauen“.
Die kubanische Regierung sprach zunächst von aus dem Ausland gesteuerten Protesten und Vandalismus, räumte inzwischen aber Fehler ein und kündigte eine selbstkritische Analyse an.
Adveniat zeigt sich besorgt wegen Krise in Kuba
Das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche Adveniat hat sich besorgt über die Krise in Kuba geäußert. „Adveniat verurteilt jegliche Form von Gewalt und stellt sich hinter die Forderung der Kubanischen Bischofskonferenz, dass eine Lösung der Krise nur im Dialog mit den Demonstranten gefunden werden kann“, betonte der Leiter der Projektabteilung von Adveniat, Thomas Wieland.
Kuba stecke in der größten Wirtschaftskrise seit 30 Jahren, erklärte Adveniat. Lebensmittel, Benzin und Medikamente seien knapp, immer wieder fehle Strom. Die Demonstranten protestierten nicht nur gegen „die jahrzehntelange Misswirtschaft, sondern auch gegen staatliche Unterdrückung“.
Auch die Kirche hatte sich zuletzt zur Situation in Kuba geäußert. So rief Papst Franziskus zum friedlichen Dialog in dem Land auf. Er sei dem „geliebten Volk der Kubaner in diesem schwierigen Moment nahe“. Gott möge den Kubanern helfen, „in Frieden, Dialog und Solidarität eine immer gerechtere und geschwisterliche Gesellschaft aufzubauen“.
© KNA/Tobias Käufer