Bischöfe: Belarussische Migrationskrise betrifft ganz Europa
Poznan ‐ Die Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenzen Deutschlands und Polens, Bischof Georg Bätzing und Erzbischof Stanislaw Gadecki, sehen durch die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze den Frieden bedroht. Es gehe hier nicht nur um die Grenze Polens und der EU, sondern „um die Frage des weltweiten Friedens, der gefährdet ist“, sagte Bätzing am Dienstag im westpolnischen Posen (Poznan) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Man plane daher eine gemeinsame Botschaft und einen Gebetsaufruf für den Frieden.
Aktualisiert: 13.09.2022
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Die Krise stelle „nicht nur eine Bedrohung und eine Last für die polnische Nation“ dar, sondern betreffe „uns alle in Europa“, so Bätzing. „Deshalb dürfen wir Polen in dieser Situation nicht allein lassen, sondern haben eine europäische Verantwortung.“ Beide Bischöfe kritisierten den Umgang der belarussischen Regierung mit den Flüchtlingen, die durch das Regime von Machthaber Alexander Lukaschenko gezielt ins Grenzgebiet gebracht worden seien, um Polen und die EU zu destabilisieren. Nach Bätzings Worten werden geflüchtete Menschen als „politischer Spielball“ missbraucht. Das müsse international verurteilt werden.
Die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen erklärten: „Die Flüchtlinge sind keine Täter; sie sind Opfer skrupelloser Machenschaften und Ränkespiele. Deshalb verdienen sie respektvolle Behandlung und Unterstützung.“ Bätzing dankte der Kirche in Polen für den Einsatz der grenznahen Kirchengemeinden und der Caritas bei der Versorgung der Geflüchteten. Anders als Gadecki verurteilte er aber die von Polens Regierung angeordneten sogenannten Pushbacks von Flüchtlingen. Gewaltsames Zurückdrängen von Menschen nach Belarus widerspreche nach Auffassung der Deutschen Bischofskonferenz europäischen Werten und Normen.
Zur Lösung der Krise bedürfe es letztlich auch einer Bereitschaft zur Aufnahme von Geflüchteten durch europäische Länder, ohne dass man sich einer Erpressung durch Belarus beugen dürfe, so der Limburger Bischof. Die katholische Kirche erinnere daran, „dass wir eine Verantwortung für diese armen Menschen haben, die jetzt in Belarus in der Kälte des Winters kaum überleben können“.
Gadecki verlangte, man müsse die Migranten im Blick behalten, „die – betrogen oder nicht – in eine Lage geraten sind, die sich niemand wünschen sollte“. Er hob mit Blick auf russische Truppenbewegungen auch eine „ernste Gefahrensituation“ für die Ukraine hervor: „Gott bewahre, dass es zu einem Krieg kommt.“ Zu den ukrainischen Arbeitskräften, die sich in Polen niedergelassen hätten, könnten noch viele Tausende Flüchtlingen hinzukommen.
Die Vorsitzenden sprachen auch über sexualisierte Gewalt in der Kirche. „Nur durch schonungslose Aufklärung und Reformen des kirchlichen Lebens werden wir den Betroffenen gerecht und können so, wie wir hoffen, auch verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. In dieser Einschätzung sind wir uns einig“, stimmten Gadecki und Bätzing überein.
Bedenken in Polen gegen den Synodalen Weg in Deutschland <a name="synod"></a>
Nach Angaben der Polnischen Bischofskonferenz informierte Gadecki seinen deutschen Amtskollegen bei dem Treffen auch über „die in Polen verbreiteten Bedenken gegen den deutschen Synodalen Prozess bei der Gestaltung der kirchlichen Strukturen und der Auslegung der Lehre“. Bätzing verteidigte den Synodalen Weg, den die deutschen Bischöfe gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) beschreiten.
Er betonte, dass der Synodale Weg „kein deutscher Sonderweg“ sei oder sich ohne weltkirchlichen Bezug bewege. In Deutschland und in vielen anderen Ländern befinde sich die Kirche in einer Umbruchzeit. „Der Synodale Weg hat diese Zeit des Umbruchs nicht verursacht“, so der Bischofskonferenzvorsitzende. Mit dem Reformdialog werde vielmehr versucht, auf neue Herausforderungen zu antworten. Aber er verstehe die Sorgen, die das andernorts hervorrufe.
Die Kirche in Polen ist laut Bätzing „einer der wichtigsten Partner“ der Kirche in Deutschland. Man lebe zusammen in einem Europa und nehme die Herausforderungen dieses einen Europa an. „Wir wollen miteinander die Weltkirche in unseren jeweiligen Gesellschaften repräsentieren, so unterschiedlich sie sind, aber auch so zusammengewachsen, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten sind“, fügte er hinzu.
Bätzing hatte eigentlich schon kurz nach seiner Wahl im März 2020 nach Polen kommen wollen. Doch wegen Corona und des sogenannten Ad-limina-Besuchs der polnischen Bischöfe in Rom reiste er erst jetzt zu seinem Amtskollegen Gadecki. Der Posener Erzbischof leitet Polens Bischofskonferenz seit 2014. Bätzings Vorgänger Kardinal Reinhard Marx war zuletzt im September 2018 in Polen.
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