Zunahme rassistischer Hetze
Die Amadeu Antonio Stiftung beobachtet unterdessen auch eine Zunahme von rassistischer Hetze in Sozialen Medien, die nicht selten tätliche Angriffe zur Folge hat. Flüchtlinge seien zu einer alltäglichen Zielscheibe geworden, kritisierte die Stiftung – und forderte die Politik zum Handeln auf. Projekte gegen Nazis allein reichten nicht, mahnte sie am Mittwoch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei, Ulla Jelpke, befürchtet ein Wiederaufflammen der „pogromartigen Zustände von Anfang der 1990er Jahre“. Damals war es in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen zu Ausschreitungen und Morden an Flüchtlingen gekommen. Jelpke warnte gegenüber der KNA vor „Populismus“ und kritisierte die Unionsparteien: Sie schürten Ressentiments, „indem sie beständig nach schnelleren Abschiebungen rufen, Zuwanderer aus Rumänien des Sozialbetrugs bezichtigen und Roma aus den Balkanstaaten Asylmissbrauch vorwerfen“.
Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) wies am Sonntag in der ARD die Kritik zurück. Die Politik müsse Probleme offen ansprechen können. Er betonte jedoch zugleich die „moralische, politische und rechtliche Verpflichtung“ Deutschlands, Menschen in Not aufzunehmen.
Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, sagte der KNA, Deutschland müsse mehr für die Sicherheit von Flüchtlingseinrichtungen tun. Der Rechtsstaat solle Härte gegenüber Straftätern zeigen, die versuchten, mit Terror und Gewalt Einfluss zu nehmen.
Drohungen gegenüber Politikern
Das Problem betrifft viele Politiker inzwischen auch persönlich. Mitte März trat der Tröglitzer Bürgermeister Markus Nierth (parteilos) nach rechtsextremen Anfeindungen zurück. Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), berichtet von Hassmails, Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau beklagte vor kurzem eine Demonstration von rund 100 Extremisten vor ihrem Wohnhaus.
Zu Beginn dieser Woche wurde bekannt, dass der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) wegen seiner Flüchtlingspolitik mehrere Morddrohungen erhalten hat. Dennoch fand er in der Tröglitz-Debatte klare Worte: „Statt zu streiten, ob Tröglitz überall sein könnte, gilt es jetzt zu verhindern, dass es ein weiteres Tröglitz gibt.“
Von Paula Konersmann (KNA)