Obwohl 70 Prozent der Bevölkerung Muslime sind, spielten islamische Kräfte bei diesem Volksaufstand bislang kaum eine Rolle. Und die Christen? Die orthodoxe Kirche in Kasachstan verurteilte die Unruhen und stellte sich hinter den Kurs von Präsident Tokajew. „Unser Land war einem heimtückischen Überfall von Extremisten ausgesetzt“, so der oberste Geistliche, Metropolit Alexander von Astana (Nur-Sultan). Die Angreifer hätten den Menschen auf grausamste Weise ihren bösartigen Willen aufzwingen und die staatliche Souveränität zerstören wollen.
Ein anderes Bild biete sich bei den Katholiken sowie den Protestanten und Freikirchlern, die allerdings nur einen unteren einstelligen Prozentsatz am Bevölkerungsanteil haben. Sie wollen offenbar ihre schon gelebte, vom kirchlichen Osteuropa-Hilfswerk Renovabis unterstützte Geschwisterlichkeit und Hilfsbereitschaft zu Andersgläubigen und Ungläubigen (rund 18 Prozent) fortsetzen.
„In nächster Zeit haben wir eine noch schlimmere Repression als vor diesem Aufbegehren zu erwarten“, befürchtet ein Dekan des katholischen Erzbistums in Astana. „Wenn unsere kleinen Gemeinden, oft nur Hauskirchen, zu tätigen Zentren der Nächstenliebe werden, erfüllen wir nicht nur die Bitte von Papst Franziskus nach sozialer Harmonie.“
Kasachstan war zur Zeit der Mission durch frühe syrische Christen und dann noch einmal mit im Hochmittelalter durch die Franziskaner ein Hoffnungsgebiet für die Kirche. Daran will der Dekan anknüpfen: „Diese Hoffnung zu leben und den kasachischen Brüdern und Schwestern in diesen Zeiten materieller und geistlicher Not mitzuteilen, ist jetzt unsere unausweichliche Aufgabe.“