Es war die klassische Geschichte von der linken Lichtgestalt im Kampf gegen die Kolonialisten. Gandhi gegen die Engländer, Steve Biko gegen die Buren, Che Guevara gegen die kubanische Diktatur. Alle errangen sie wichtige Etappensiege, und alle starben sie einen gewaltsamen Tod. Auch Patrice Lumumba, der vor 60 Jahren, am 17. Januar 1961, einem Mordanschlag zum Opfer fiel – unter Billigung höchster belgischer und US-amerikanischer Stellen. Der unabhängige Staat Kongo, für den er kämpfte, ist seitdem nie zur Ruhe gekommen.
Patrice Emergy Lumumba war schon immer ein Unruhestifter. Früh muss Tasumbu Tawosa – so sein Geburtsname 1925 – daher die Schule verlassen, und spätestens seit 1958, als Wortführer der Unabhängigkeitsbewegung, nennt man ihn nur noch Lumumba („aufrührerische Massen“). Der Kolonialmacht Belgien sind Lumumbas Ziele und sein forsches Auftreten ein Dorn im Auge. Im Oktober 1959 wird er verhaftet und gefoltert, doch angesichts der andauernden Aufstände im Land wieder freigelassen. Der junge belgische König Baudouin (1930-1993) willigt gar in die staatliche Unabhängigkeit ein.
Der brillante Redner Lumumba gewinnt im Mai 1960 die ersten Parlamentswahlen, und so wird er – gegen alle Widerstände der weißen Eliten – erster Ministerpräsident einer unabhängigen Republik Kongo. Beim Festakt zur Unabhängigkeit Ende Juni kommt es zu einem Eklat. Während Baudouin, um Gesichtswahrung bemüht, die „zivilisatorischen Leistungen“ der belgischen Krone und ihrer Siedler im Kongo preist, widerspricht ihm Lumumba in seiner Gegenrede aufs Heftigste: „Wir haben diesen gerechten und edlen Kampf ausgefochten, um die entehrende Sklaverei zu beenden, die uns ein beschämendes Unterdrückungsregime aufzwang. [...] Unablässig wurden wir mit Spott, Beleidigung und Schlägen traktiert, bloß weil wir Neger waren.“ Man werde die Massaker und die zahllosen Toten nicht vergessen.
Der König will ob dieses offenen Affronts sofort abreisen, lässt sich aber zum Bleiben überreden. Das Tischtuch zwischen den beiden ist dennoch zerschnitten, nicht nur für das abschließende Gala-Diner. Doch Lumumbas vordergründiger Triumph steht unter keinem guten Stern. Die Belgier entlassen das Land völlig unvorbereitet in die Unabhängigkeit. Für eine funktionierende Infrastruktur haben sie während ihrer Herrschaft nur dort gesorgt, wo sie die Transportwege für die erbeuteten Bodenschätze sichern sollte. Von Bildung oder Gesundheitsversorgung für die einheimische Bevölkerung konnte keine Rede sein. Schwerste Menschenrechtsverletzungen waren an der Tagesordnung.