Der Minsker Erzbischof war Ende August nach eigenen Angaben zur Erstkommunion der Tochter seiner Nichte ins Nachbarland Polen gereist. Als er am 31. August nach Belarus zurückkehren wollte, wiesen ihn belarussische Beamte an der Landesgrenze ab. Er blieb seither in Polen, abgesehen von einer Reise in den Vatikan und zwei Besuchen in Litauen.
Lukaschenko beschuldigte den Erzbischof, sich Anweisungen aus Polen geholt zu haben. Laut der Kirche verstieß Minsk damit gegen ein Landesgesetz, wonach keinem belarussischen Staatsbürger die Einreise verwehrt werden dürfe. Später erklärte die belarussische Regierung zudem Kondrusiewiczs Reisepass für ungültig.
Hintergrund sind die Manipulation der Präsidentenwahl in Belarus am 9. August zugunsten von Lukaschenko und die seither anhaltenden Proteste. Kondrusiewicz hatte die Demokratiebewegung unterstützt und die Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten kritisiert. Lukaschenko warf der Kirche Propaganda gegen ihn vor.
Der seit 1994 regierende Lukaschenko betonte mehrfach seine besonderen Beziehungen zu Papst Franziskus und dessen Vorgänger Benedikt XVI. (2005-2013). 2016 besuchte er Franziskus im Vatikan und lud ihn nach Belarus ein. Vergangene Woche bezeichnete er den Papst als „Mann des Volkes“.
Die meisten Belarussen gehören der orthodoxen Kirche an; rund zehn Prozent sind Katholiken. Die katholischen Bischöfe des Landes verurteilten Ende November in einer gemeinsamen Botschaft „Gewalt, Gesetzlosigkeit, Ungerechtigkeit und Unwahrheit“.