Bischof: „Amazonien braucht gemeinsame Strategie“
Amazonas-Synode ‐ Mit Blick auf die Amazonas-Synode im Herbst im Vatikan hofft der deutsche Bischof Johannes Bahlmann auf eine gemeinsame Strategie der Länder Amazoniens. Das sagte er bei der Jahrestagung Weltkirche und Mission in Würzburg, die sich in diesem Jahr mit dem Thema „Klimagerechtigkeit“ befasst. Er selbst lebt seit 36 Jahren in Brasilien und beobachtet in seinem Amazonas-Bistum Óbidos, wie die Gewalt gegen Mensch und Natur zunimmt.
Aktualisiert: 28.05.2019
Lesedauer:
Mit Blick auf die Amazonas-Synode im Herbst im Vatikan hofft der deutsche Bischof Johannes Bahlmann auf eine gemeinsame Strategie der Länder Amazoniens. Das sagte er bei der Jahrestagung Weltkirche und Mission in Würzburg, die sich in diesem Jahr mit dem Thema „Klimagerechtigkeit“ befasst. Er selbst lebt seit 36 Jahren in Brasilien und beobachtet in seinem Amazonas-Bistum Óbidos, wie die Gewalt gegen Mensch und Natur zunimmt.
Frage: Bischof Bahlmann, Sie leben seit 36 Jahren in Brasilien. Wie akut ist dort das Thema Klimagerechtigkeit in den letzten Jahren geworden?
Bahlmann: Ich erlebe schon, dass verschiedene Gruppen in der Bevölkerung sich immer mehr mit dem Problem des Klimawandels auseinandersetzen, mit der Abholzung des Regenwaldes – auch in den verschiedenen Projekten in Amazonien. Man setzt sich dort mehr mit dem Thema auseinander. Ich denke, das kommt auch daher, dass viele NGOs die Themen angehen, die mit der Klimagerechtigkeit zu tun haben.
Frage: Was tut die Kirche, um für die Menschen in Brasilien einzustehen, für die das Thema Klimagerechtigkeit konkret ist und die in ihrem Lebensraum bedroht sind?
Bahlmann: Wir sprechen mit den Menschen, die davon betroffen sind und versuchen, ihnen eine Stimme zu geben. Hier ziehen wir auch andere Organisationen zu Rate. So kann ein Dialog mit der Regierung und den verschiedenen Interessengruppen vor Ort entstehen. Darüber hinaus versuchen wir ein Bewusstsein für Klimagerechtigkeit zu schaffen in den Gemeinden, kirchlichen und nicht-kirchlichen Gruppen.
„Die Bischofskonferenzen Amazoniens sollten an einem Strang ziehen.“
Frage: Aber die Menschen in den Gemeinden entscheiden normalerweise nicht, ob ein Staudamm gebaut wird oder nicht. Wie können Sie bei den großen „Playern“, den Großkonzernen etwa, für mehr soziale Verantwortung werben?
Bahlmann: Die soziale Verantwortung entsteht durch öffentliche Anhörungen, die von Anwälten oder einzelnen Städten organisiert werden. Mit eigens organisierten Seminaren und Kongressen versucht die Kirche zudem, Entscheidungsträger wie Politiker mit einzubinden und einzuladen, damit sie sich mit diesen Themen auch konfrontieren.
Frage: Inwiefern ist der Einsatz für die Benachteiligten im Amazonas gefährlicher geworden?
Bahlmann: Ich denke schon, dass es gefährlicher geworden ist. Die Gewalt im Land hat allgemein zugenommen. Es gibt eben unterschiedliche Interessen und die werden oft mit Gewalt durchgesetzt. Wir müssen mithilfe des Dialogs zu einem Verständnis kommen. Das beste ist immer, wenn man die Kontrahenten zusammenbringt und das dann ausdiskutiert. Der Dialog, sei es bei einer öffentlichen Anhörung, einem Kongress oder einem Seminar, hilft uns mehr als alle anderen Aktivitäten.
Frage: Welche Hoffnung haben Sie mit Blick auf die Amazonas-Synode im Herbst? Ist das eine Chance, um noch einmal mit gemeinsamer Stimme zu sprechen?
Bahlmann: Mit Blick auf das Thema integrale Ökologie gilt es, sich auszutauschen, wie die Situation ist und in einem zweiten Schritt muss ein Plan erstellt werden, wie wir weiter vorgehen. Das ist im Moment noch sehr vage. Aber dadurch, dass wir mit den verschiedenen Ländern Amazoniens in Rom zusammenkommen, können wir vielleicht zu einer gemeinsamen Linie und einem Informationsaustausch kommen, der über die Synode hinausreicht. Es gilt dann, die gemeinsamen Lösungen auf Papier zu bringen. Ich kann mir vorstellen, dass da etwas in Bewegung kommt.
Frage: Was sind für Sie und Ihre Lebenswirklichkeit in Óbidos die Erwartungen an die Amazonas-Synode? Was wünschen Sie sich da an Unterstützung?
Bahlmann: Ich wünsche mir, dass wir uns austauschen und von den Erfahrungen der anderen lernen. Dass wir eine gemeinsame Strategie erarbeiten und Projekte entwickeln können, die für unsere Arbeit wichtig sind. Allein in Brasilien haben wir 18 regionale Bischofskonferenzen, davon sechs in Amazonien. Jede dieser Konferenzen sollte durch die Amazonas-Synode einen neuen Anstoß bekommen und neue Impulse sowie Motivationen, um die Problematik der Ökologie anzugehen. Da muss jede Konferenz schauen, dass sie mit den anderen an einem Strang zieht.
Frage: Ein Hilfsprojekt für Ihr Bistum ist das Krankenhaus-Schiff „Papa Francisco“. Was hat es damit auf sich und wann geht es auf Reisen?
Bahlmann: Es gab eine kleine Verzögerung, weil die Geräte noch nicht da waren und noch Testfahrten gemacht werden müssen. Wir hoffen aber, dass wir in ein paar Wochen mit dem Projekt starten können. Es handelt sich hier um ein Krankenhaus auf dem Schiff, das mit den anderen Krankenhäusern der Region zusammenarbeitet. Es soll ein Netzwerk entstehen. Das Schiff fährt in die Dörfer und Städte und man kann auf dem Schiff auch kleinere Operationen durchführen. Es arbeiten mit Schiffsbesatzung und Krankenpersonal rund 30 Personen an Bord. Bei größeren Operationen und mehreren Wochen Behandlungszeit werden die Patienten dann mit einem Krankenhaus-Schnellboot in die Kliniken zu Land gebracht. Viele Menschen in unserer Region gehen gar nicht mehr in die Städte, weil die Wartezeiten lang sind oder es gar nicht erst zu einer Behandlung kommt. Von daher möchten wir, dass nicht die Menschen zum Krankenhaus gehen müssen, sondern das Krankenhaus zu den Menschen kommt.
Das Interview führte Claudia Zeisel.
© weltkirche.de