Nach Angaben der International Crisis Group werden syrische Mädchen in vielen Fällen sehr früh verheiratet. Die Ehemänner seien häufig Türken, die bereits eine Ehe mit einer türkischen Frau führten, heißt es. Polygamie ist nach türkischem Recht illegal. Viele Imame aber führen eine Heirat nach islamischem Brauch durch. Dies hat zur Folge, dass die Mädchen und Frauen nicht den rechtlichen Schutz haben, den sie als rechtmäßige Ehefrau hätten. Allein 2015 sollen dem Bericht zufolge 30.000 syrische Mädchen auf diese Weise verheiratet worden sein. Andere, etwa verwitwete Frauen, würden in die Prostitution getrieben, heißt es.
Ein Problem sind den Angaben zufolge auch inoffizielle Koranschulen, in denen nicht selten radikalislamische Ideologien verbreitet würden. Zwar äußerte sich in dem Bericht keiner der Befragten positiv zur Terrormiliz „Islamischer Staat“, die Rebellen-Gruppe Hay'at Tahrir al-Sham (HTS), die Al-Kaida nahe steht, genießt jedoch durchaus Sympathien.
Nötig wären nach Ansicht der ICG-Experten mehr Investitionen in die Schulbildung und ein strikteres Vorgehen der Behörden. Allein in der Provinz Sanliurfa würden 4.000 neue Klassenzimmer und 5.000 zusätzliche Lehrer benötigt.
Unterdessen setzt die türkische Regierung darauf, dass viele syrische Flüchtlinge in die befriedeten Gebiete südlich der Grenze zurückkehren. So sollen bereits rund 300.000 Flüchtlinge in der Region Afrin, die die türkische Armee besetzt hält, wiederangesiedelt worden sein. Ähnliches hat Ankara offenbar auch mit der Region Manbidsch vor, wo sie eine Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG plant.
Von Philipp Mattheis (KNA)
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