Frage: Wie unterstützen Sie als Bischof ihre Gläubigen, um sie im Land zu halten?
William: Wir haben ein Büro für Entwicklungsarbeit, das bei meiner Amtsübernahme sehr klein angefangen hat und heute zahlreiche Projekte trägt. Wir helfen den Menschen unter anderem wirtschaftlich, etwa durch Kredite. Dazu kommen Fortbildungen, Maßnahmen zur Integration von Behinderten, Förderung von Frauen, Wohnungsbauprojekte, geschützte Räume für unsere Gläubigen. Ferner engagieren wir uns in der Landwirtschaft, haben zum Beispiel eigene Ländereien gekauft. Wir versuchen den Menschen dabei zu helfen, nicht im Traditionellen verhaftet zu bleiben, sondern neue Methoden anzuwenden und die Produktion zu steigern.
Frage: Die koptisch-orthodoxe Kirche lädt in diesem Jahr erstmals zu einem Jugendforum für junge Kopten aus der Diaspora ein. Gibt es ähnliche Initiativen in der koptisch-katholischen Kirche?
William: Nein, wir planen keine besonderen Initiativen. Zum einen sind wir eine kleine Minderheit ohne Einfluss. Zum anderen haben wir uns nie um den Identitätsverlust unserer Gläubigen in der Diaspora gesorgt. Erst Patriarch Stephanus II. in den 1980er Jahren schickte koptische Priester in die Diaspora. Noch sein Vorgänger hatte die Meinung vertreten, die koptischen Einwanderer sollten sich in die katholischen Gemeinden integrieren. Allerdings musste man feststellen, dass dies für die erste Generation wegen der Sprache nicht so einfach ist. Aus diesem Grund wurden Diasporagemeinden geschaffen, allerdings nur dort, wo wenigstens 50 Familien vorhanden waren. Heute haben wir Diasporagemeinden unter anderem in Kanada, Australien, den USA, Italien und ein paar arabischen Ländern. In Jerusalem etwa haben wir keine eigene Gemeinde mehr, da es nur sehr wenige katholische Kopten dort gibt.
Frage: Die große Mehrheit der ägyptischen Christen sind orthodox. Wie gestaltet sich die Ökumene?
William: Von unserer Seite versuchen wir alles, was möglich ist, um gute ökumenische Beziehungen zu erreichen. Von orthodoxer Seite ist dies nicht ganz einfach, wenngleich es unter dem jetzigen Patriarchen Tawadros II. einfacher geworden ist. Unter seinem Vorgänger Schenouda III. war es sehr schwierig. Fanatismus war verbreitet. Viele orthodoxe Kopten sehen uns als Opfer der Abwerbung, des Proselytismus. Für sie sind wir Teil der orthodoxen Kirche, in deren Schoß wir zurückkehren sollen. Ökumenische Beziehungen der koptisch-orthodoxen Kirche Ägyptens bestehen eher mit Rom als mit uns hier in Ägypten.
Frage: Stellt das keine Probleme bei gemischtkonfessionellen Ehen dar?
William: Es gibt einige gemischtkonfessionelle Familien. Dann müssen sich die Ehepartner auf eine Kirche einigen. In der Regel folgt die Frau dem Mann, aber es gibt auch solche, die die Offenheit der katholischen Kirche schätzen.
Frage: Mariä Himmelfahrt wird dennoch von beiden Kirchen gemeinsam begangen.
William: Traditionell folgen wir Katholiken in Oberägypten dem orthodoxen Kalender. Was das Marienfest betrifft, hat dies eine lange Tradition in Assiut. Maria spielt eine große Rolle in der koptischen Tradition und Liturgie. Und: Die Menschen hier haben so viele Sorgen, dass sie ab und zu diese Festfreude und die jubelnde Manifestation brauchen. Das vereint alle Menschen hier, orthodoxe und katholische Christen und auch Muslime.