Klimaforscher: Menschheit geht sehenden Auges in die Katastrophe
Klimawandel ‐ Auch Sicht des Klimaforschers Hans Joachim Schellnhuber geht die Menschheit heute sehenden Auges der Klimakatastrophe entgegen. Er wird im Sommer nach 25 Jahren die Leitung des Potsdam-Instituts abgeben.
Aktualisiert: 15.05.2018
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Auch Sicht des Klimaforschers Hans Joachim Schellnhuber geht die Menschheit heute sehenden Auges der Klimakatastrophe entgegen. „Als die Pest 1347 über Europa kam, wusste man nicht, woher das Unheil stammte, und es gab kein Heilmittel. Die Menschen waren völlig ratlos und verzweifelt“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“: „Heute wissen wir dagegen genau, was Sache ist. Trotzdem keine Reaktion zu zeigen, ist schändlich. Und sehr dumm.“
Der Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, dessen Leitung er in diesem Sommer nach 25 Jahren abgibt, vergleicht in dem Interview die aktuelle Situation mit einem leckgeschlagenen Schiff auf hoher See. Natürlich gebe es dort auch neben dieser Havarie Probleme: „Das Essen in der dritten Klasse ist miserabel, die Matrosen werden ausgebeutet, die Musikkapelle spielt deutsche Schlager, aber wenn das Schiff untergeht, ist all das irrelevant.“
Wenn die Welt heute den Klimawandel nicht in den Griff bekomme, so der Forscher weiter, „wenn wir das Schiff nicht über Wasser halten können, brauchen wir über Einkommensverteilung, Rassismus und guten Geschmack nicht mehr nachzudenken“.
Lange habe er gedacht, es sei unpolitisch, den Einzelnen in die Pflicht zu nehmen, ergänzte Schellnhuber: „Aber jeder sollte verdammt noch mal tatsächlich etwas beitragen. Wir haben uns alle viel zu lange aus der Verantwortung gestohlen.“ Natürlich müsse Deutschland alle Kohlekraftwerke schließen und auf 100 Prozent erneuerbare Energien gehen, „aber Sie und ich können von heute auf morgen beschließen, kein Fleisch mehr zu essen und keine Langstreckenflüge mehr zu machen“.
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