Kamlesh hockt inzwischen wieder zwischen den anderen Frauen, lugt mit glänzenden Augen unter ihrem Tuch hervor, tuschelt mit ihren Nachbarinnen und lacht auch mal. Sie hat ja ihren Bericht hinter sich, vor dem sie schon ein wenig aufgeregt war.
Zehn Minuten später und drei staubige Gassen weiter zeigt sie ihren Laden. „Tante-Emma-Laden“ würde man in Deutschland wohl sagen, in den indischen Sprachen gibt es keinen entsprechenden Begriff. Von Seife über Reis und Bohnen bis zum Spielzeug und den beliebten Süßigkeiten gibt es auf drei mal drei Metern alles für den täglichen Bedarf.
Und der Laden läuft, denn der nächste Markt ist weit entfernt. „Das Geschäft hätte ich nie eröffnen können ohne die Unterstützung aus dem Projekt“, betont die 35-Jährige: „Die ersten beiden 20.000er Raten habe ich zurückgezahlt, von der letzten fehlen noch vier Monatsraten: jeweils 1.800 Rupien.“
Auch Ehemann Jagdish ist froh – und sichtlich auch ein wenig stolz auf seine Frau. Bis vor kurzem hat er als Tagelöhner in einer Lederfabrik Schuhe zusammengenäht – wenn es denn etwas zu tun gab. Nur allzu oft hat der 40-Jährige den langen Weg über die staubigen Straßen umsonst zurückgelegt. Jetzt sitzt er hier – dem Laden sei Dank – an einer eigenen Nähmaschine im kleinen Nebenraum, der auch als Lager dient und nachts als Schlafraum für das Ehepaar und die drei Kinder.
Das Haus, zu dem noch ein winziges Obergeschoss gehört, ist übrigens auch ziemlich neu. Für umgerechnet 240 Euro konnten sie es bauen. In der alten Hütte nebenan wohnt jetzt nur noch die Schwiegermutter – und der Büffel natürlich. Wenn das alles kein Grund ist, tatsächlich stolz zu sein? Eine Frage, die Kamlesh nur mit einem stillen Lächeln beantwortet. Vielleicht wäre Würde ein passenderes Wort.
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