Auch Menschen mit guter Ausbildung wie Lehrer emigrierten und verdienten selbst in unterqualifizierten Berufen im Ausland mehr Geld als Zuhause, weiß die in Vilnius lebende Journalistin Vytene Stasaityte. In Rumänien geht es den Menschen nicht anders. Vom Land kommend versuchen viele erst einmal in der Hauptstadt Bukarest einen Job zu finden, ein Großteil aber geht gleich in den Westen. Ganze Gebiete verwaisen so und mit ihnen die Kinder. „Euro-Waisen“ werden sie genannt, wenn ein Elternteil oder gar beide im Ausland arbeiten.
Im Caritas-Zentrum „Maria Stein“ in Petrosani kümmern sich die Betreuerinnen um solche Mädchen und Jungen. Vom Ruhm und Glanz der „Stadt der Kohle“ im sogenannten Ruhrgebiet Rumäniens ist nur noch wenig über. Über 100.000 Minenarbeiter gab es einst im Tal, heute leben nach Informationen von Renovabis gerade einmal 6.000 Menschen vom Bergbau, die letzten Zechen sollen 2018 schließen. Von knapp 70.000 Einwohnern Ende der 1980er Jahre seien heute nur noch gut die Hälfte übrig geblieben.
Spielzeuge schicken die Eltern per Post
Ramona Bulzan ist Psychologin in dem kirchlichen Familienzentrum. Sie weiß, dass die Kinder ihre Eltern vermissten. Computer, Spielsachen oder andere teuere Geschenke, die diese ihnen nach Hause schickten, machten sie nicht glücklich. „Aus psychologischer Sicht ist Migration für Familien nichts Gutes“, sagt Bulzan. Kinder bräuchten ihre Eltern.
In Litauen sind inzwischen Leute wie Linas Stankus dabei, die Menschen wieder zur Rückkehr zu bewegen. Dafür hat der Businessman eigens die Internetseite „Back to LT“ gegründet. Zudem reist er ins Ausland, um seine Landsleute zu motivieren, doch ihre gewonnenen Erfahrungen für ihre Heimat zu nutzen. Auch Renovabis-Hauptgeschäftführer Hartl will mit den Partnern in Osteuropa Projekte realisieren, um den Betroffenen Perspektiven zu bieten. Niemand sollte gehen müssen, sondern in seiner Heimat bleiben können und dort eine Zukunft haben, so seine Überzeugung.
Das Hilfswerk fordert aber auch einen fairen Umgang mit Zuwanderern aus Osteuropa hierzulande. Die Migranten befänden sich oft in prekären Situationen. „Sie müssen vor Ausbeutung durch Arbeitgeber oder Vermieter, aber auch vor Gewalt geschützt werden“, so der Renovabis-Hauptgeschäftsführer. Renovabis selbst leistet seinen Teil dazu. Das Hilfswerk mit Sitz in Freising hat seit 1993 in gut 22.600 Projekte knapp 697 Millionen Euro investiert.
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