Aggressive Stimmungsmache statt konstruktiver Mitarbeit
Kaum jemand dürfte gegen die Versuchung gefeit sein, wenigstens da und dort durch Wut und Empörung seinen Ängsten, Enttäuschungen oder Kränkungen Luft zu verschaffen. Aber anstatt solche Wut und Empörung in konstruktive Mitwirkung oder auch in demokratischen Protest zu übersetzen, heizen Populisten solche Stimmungen noch an und wenden sie in aggressiver Weise gegen das „Establishment“, gegen die Eliten in Wirtschaft, Kultur und neuerdings auch in Wissenschaft, gegen alle Repräsentanten des verhassten Systems oder ganz allgemein „gegen die da oben“.
In Köln demonstrieren Anhänger von Pegida, Pro NRW und andere Rechtsextremisten gegen Ausländer. Oder, was noch schlimmer ist, sie lenken und steigern die negative Stimmung gegen all die, die noch schwächer sind, die sich nicht wehren können oder die sich aus anderen Gründen als Sündenböcke eignen. Das ist das besondere Kennzeichen des Rechtspopulismus. Er schürt nicht nur Ressentiments gegen alles Andere oder Fremde, gegen Geflüchtete oder Andersgläubige, gegen Langzeitarbeitslose oder Wohnungslose, gegen Schwule und Lesben usw., sondern er wertet die betroffenen Menschengruppen pauschal als minderwertig ab. Rechtspopulisten leugnen das demokratische Basisprinzip der Fundamentalgleichheit aller Menschen. Sie fordern und fördern zwar Solidarität – aber nur zwischen denjenigen, die immer schon dazugehören; eben exklusiv.
Die Demokratie hält Populismus aus, die Betroffenen nicht
Zwar mag unsere Demokratie durchaus ein gutes Maß an Populismus, selbst an Rechtspopulismus vertragen. Für die Ausgegrenzten und Stigmatisierten, für die Gehassten und Angefeindeten ist aber jedes Quäntchen Populismus, zumal vom Rechtspopulismus, ein Quäntchen zu viel. Allein deshalb muss Populismen aller Art entschieden entgegengetreten werden. Dabei ist sehr sorgfältig darauf zu achten, dass man nicht in den Modus der Populisten verfällt. Demokratisch muss die Auseinandersetzung verlaufen, und das heißt auch, für Kritik an den etablierten Strukturen und Verfahren unserer Demokratie offen zu sein und das Berechtigte durch Veränderungen aufzugreifen.
In einer bemerkenswerten Studie stellte die Europäische Kommission schon 2004 fest: „Während Rechtspopulisten zu Recht als Bedrohung der repräsentativen Demokratie gesehen werden, können die Gründe für ihren Erfolg teilweise in den undemokratischen Bedingungen der gegenwärtigen europäischen Gesellschaften auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene, aber auch auf der Ebene der Europäischen Union gefunden werden.“ So zeigt sich: Populisten greifen zwar mitunter die richtigen Fragen auf, geben ihnen aber gefährliche Antworten. Lenken wir deshalb die Antworten in eine demokratische, humanitätsverträgliche und übrigens darin auch christliche Alternative!
Von Andreas Lob-Hüdepohl
© Deutsche Kommission Justitia et Pax/ZdK