Die Gründe für das Scheitern sind sicherlich vielfältig. Vorrangig sind sie jedoch auf ein Klima der Misswirtschaft, Veruntreuung und Ineffizienz zurückzuführen. Die Armutsrate hat sich in den letzten drei Jahren von 30 auf 60 Prozent verdoppelt. Die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) prognostizierte Inflationsrate beträgt bis Ende diesen Jahres 700 Prozent - im Folgejahr 2.200 Prozent. Grundlegende Güter sind für viele Venezolaner nicht mehr erschwinglich. Die staatlichen Banken sind pleite und die Staatskassen leer. Mit steigender Tendenz werden in weiten Teilen des Landes Strom und Wasser rationiert. Hinzu kommen die Knappheit von Nahrungsmitteln und der Kollaps der öffentlichen Gesundheitsversorgung.
Und auch politisch erlebt Venezuela überaus stürmische Zeiten. Bereits vor der letzten Parlamentswahl im Dezember 2015 war die venezolanische Gesellschaft tief in zwei Lager gespalten. Das Ergebnis der Parlamentswahlen im vergangenen Jahr hat nun zu einer politischen Patt-Situation geführt. Nach einer historischen Wahlniederlage rief Staatspräsident Maduro im Januar dieses Jahres den Wirtschaftsnotstand aus und verlängerten diesen Notstand bereits zum vierten Mal. Seitdem regiert die Regierung Maduros in wichtigen Fragen mit Sondervollmachten am Parlament vorbei.
Opposition forciert Abwahl von Präsident Maduro
Für zusätzliche Spannungen zwischen der Regierung und der Opposition Mesa de la Unidad Democrática (MUD), die aus unterschiedlichen politischen Parteien und Organisationen besteht, sorgt die Forcierung eines Abwahlreferendums, welches das vorzeitige Ende der Präsidentschaft Maduros, Neuwahlen und einen Regimewechsel in Venezuela einläuten soll. Allerdings hat die Bekanntgabe der nationalen Wahlbehörde, dass ein solches Referendum erst im Laufe des ersten Quartals 2017 stattfinden könnte, diesem Ansinnen vorerst einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Die starke politische Polarisierung zweier politischer Lager hat in Venezuela eine lange geschichtliche Tradition. Auch aktuell steuern die beiden politischen Lager ungebremst aufeinander zu. Dabei hat es an Initiativen, um die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Lähmung des Landes zu überwinden, bislang nicht gemangelt. Die jüngste Initiative der vier Ex-Präsidenten Ernesto Samper (Kolumbien), José Luis Rodríguez Zapatero (Spanien), Leonel Fernández (Dominikanische Republik) und Martín Torrijos (Panama) versucht zwar die politische Lähmung des Landes zu überwinden und die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bewegen. Doch ebenso wie die päpstlichen Ermahnungen, sich zusammenzuraufen und gemeinsam einen Weg des Friedens zu beschreiten, haben diese Bemühungen bislang wenig gefruchtet.
Gemeinsamer Verhandlungstisch als einziger Weg
Trotzdem bleibt der gemeinsame Verhandlungstisch der einzige Weg, um Venezuela nachhaltig zu helfen und die politische Spaltung des Landes zu überwinden. Daher müssen beide Seiten auch bereit für Gesten der Entspannung sein und gegenseitige Kompromissbereitschaft signalisieren. Nur über den Dialog und die Kompromissbereitschaft wird eine zwingend notwendige nationale Versöhnung zum Wohle der Bevölkerung möglich sein. Dabei ist die Eindämmung der gefährlichen Eskalation der politischen Spannungen im Land und ein Minimum an politischer Stabilität die Voraussetzung, um langfristig eine Normalisierung des Konfliktes sowie die „nationale Versöhnung“ zu erreichen. Die katholische Kirche wäre eine potentielle Institution, um als „ehrlicher Makler“ die Polarisierung im Lande aufzubrechen und die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Die Freilassung der rund 2.000 Personen wie Leopoldo López, Antonio Ledezma und Daniel Ceballos, die aus politischen Gründen inhaftiert worden sind, wäre ein wichtiges Signal, um Verhandlungsgespräche aufzunehmen und den Pfad der nationalen Versöhnung einzuschlagen.