Die Erstevangelisierung ist in allen Kulturen und zu allen Zeiten begleitet vom Blutzeugnis einiger Gläubiger. Manchmal sind es außergewöhnliche Situationen, die Blutzeugen hervorbringen. Heute ist das Martyrium oft auch die Folge einer konsequenten Haltung in einer alltäglichen Situation. Es ist Folge einer Entschiedenheit ohne Reserven. Sr. Veronika hat sich mit aller Entschiedenheit für die Menschen im Südsudan eingesetzt. Sie hat Kranken beigestanden und eine hochschwangere Frau in einer medizinisch komplizierten Situation in einer Ambulanz in ein benachbartes Krankenhaus gebracht, um das Leben der Frau und des Kindes zu retten.
Märtyrer haben immer eine Botschaft für Kirche und Menschheit. Wir wissen nicht, wie es sich genau zugetragen hat – warum Regierungssoldaten eine Ambulanz anhalten, schießen und eine Ärztin so verwunden, dass sie einige Tage später daran stirbt. Eines ist sicher: Es ist ein Unrecht und eine unsinnige Gewalt! Wer wird die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen? Hat die Regierung ein Interesse, den Vorfall aufzuklären? Wir haben Zweifel. Sr. Veronikas Botschaft ist eindeutig und klar: Stoppt diese unsinnige Gewalt, die nicht nur an mir geschehen ist, sondern die tagaus tagein an Kindern, Frauen und Männern im Südsudan und in vielen anderen Teilen unserer Erde geschieht.
Papst Franziskus bezeichnet in einem Gebet für verfolgte Christen die christlichen Opfer von Terror und Vertreibung als „Märtyrer von heute“. Er ruft die Welt auf, nicht schweigend zuzusehen oder gar wegzusehen.
„Wie viele Stephanus gibt es in diesen Tagen in der Welt! Denken wir an unsere an einem libyschen Strand niedergemetzelten Brüder, denken wir an den Jungen, der (in Pakistan, Anm. d. Red.) angezündet wurde, weil er Christ war, und denken wir an die Migranten, die von anderen auf hoher See ins Meer geworfen wurden, weil sie Christen waren! Denken wir an die vielen anderen Menschen, die wir nicht kennen und die in Gefängnissen leiden, weil sie Christen sind! Unsere Kirche ist heute eine Kirche der Märtyrer: Diese Menschen leiden und geben ihr Leben, und wir erhalten Gottes Segen durch ihr Zeugnis.“
Der Tod von Sr. Veronika und die Nachrichten aus dem Südsudan machen uns besorgt. Sr. Veronika ist nur eine von vielen. Kinder, Frauen und Männer leben in großer Unsicherheit und werden häufig Opfer von Gewalt. Menschen sind auf der Flucht. Viele müssen ihre Dörfer verlassen. Sie wandern von einem Ort zum anderen, leben zum Teil in unmenschlichen Bedingungen. 4,8 Millionen Menschen im Südsudan – das ist jeder zweite Einwohner – sind in den nächsten Monaten von einer akuten Hungersnot bedroht. Aufgrund der unsicheren Situation haben viele Hilfsorganisationen das Land verlassen.
Sr. Veronika entschied sich zum Bleiben! Sie ist an der Seite ihres geliebten Volkes gestorben. Möge ihr Tod nicht vergebens sein und mögen wir nicht einfach schweigend zuschauen oder wegsehen.
Von Sr. Miriam Altenhofen SSpS
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