Frage: Herr Koenigs, wie sind Ihre Eindrücke hier in Bogota nach dem historischen Waffenstillstand zwischen der FARC und der Regierung? Wie ist die Stimmung in Kolumbien?
Koenigs: Im Moment herrscht in den politischen Kreisen Hochstimmung. Das fängt an beim Präsidenten, dem ich persönlich gratuliert habe, denn der Waffenstillstand ist ganz offensichtlich ein Durchbruch. Er bedeutet das Ende des bewaffneten Kampfes seitens der FARC. Das muss man feiern, das ist wichtig. Aber jetzt geht es darum, die Verträge von Havanna umzusetzen. Ich glaube, dass die Euphorie, die die Unterzeichnung in Havanna ausgelöst hat, eine ehrliche positive Stimmung ist. Aber es wird noch einige Zeit dauern, bis die Verträge auch umgesetzt werden.
Frage: Es gibt ja noch eine zweite Guerillagruppe, die marxistische ELN. Warum gibt es dort keine Fortschritte, obwohl Friedensverhandlungen angekündigt wurden?
Koenigs: Die ELN ist im Gegensatz zur FARC nicht bereit, die wenigen, aber vorhandenen Geiseln freizulassen. Das ist aber eine humanitäre Notwendigkeit, weil es sonst einem Präsidenten sehr schwer gemacht wird, mit einer Guerilla zu verhandeln, die sich nicht von ihrer Entführungspraxis distanziert. Diese Kuh vom Eis zu kriegen, ist äußerst schwierig.
Frage: Und die Stimmung auf der Straße?
Koenigs: Die Stimmung geht in Kolumbien sehr schnell rauf und runter. Aber es wird anerkannt, dass die politische Gewalt zurückgegangen ist, auch wenn es natürlich nach wie vor Tote vor allem in den ländlichen Regionen zu beklagen gibt. Aber die Kolumbianer spüren, dass der Friedensprozess eine positive Auswirkung hat.