Genau das sieht Strässer offenbar auch kritisch. In einem Schreiben an die SPD-Mitglieder in seinem Wahlkreis Münster nannte er auch die aktuelle Asylpolitik der Regierung als Grund für den Rückzug. Es zeichneten sich auch in seinem Arbeitsfeld, vor allem bei der Flüchtlingspolitik, politische Entscheidungen ab, „die für mich nur schwer vereinbar sind mit meinen eigenen Positionen und meiner eigenen Glaubwürdigkeit“, heißt es in dem Schreiben.
Mehrfach hatte er in den vergangenen Jahren die wachsende Notwendigkeit humanitärer Hilfe weltweit angemahnt und auf vergessene Krisen hingewiesen. Kritisch sah er Überlegungen wie die Einrichtung von Schutzzonen in Afghanistan. Es sei eine „absurde Idee, von innerstaatlichen Fluchtalternativen auszugehen“, erklärte er Ende Dezember. Am Mittwoch meldete nun das Bundesinnenministerium, dass die ersten 125 ausreisepflichtigen Afghanen in ihre Heimat zurückgebracht würden.
Die Rolle des Menschenrechtsbeauftragten ist sichtlich keine einfache. Zwar ist er unabhängig, doch sein Tätigkeitsfeld beschränkt sich darauf, Missstände in anderen Staaten anzuprangern – in der Hoffnung, dass es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Offenbar wird auch innerhalb der SPD über Zukunft und Zuschnitt des Amtes diskutiert, wie „Spiegel online“ meldete.
Nachfolgerin Kofler ab 1. März im Amt
Strässer selbst erklärte am Dienstag im SWR-Interview, die Neigung, das Amt als eine Art Alibi-Rolle zu sehen, sei „vielfach spürbar“. Er könne „aber nur dazu raten, gegen diese Tendenz anzukämpfen“. Für die Zivilgesellschaften anderer Länder, die in ihrer Arbeit immer stärker eingeschränkt würden, sei diese Stimme aus Deutschland besonders wichtig.
Seine Nachfolgerin Kofler, die seit 2004 im Bundestag sitzt, bringt vor allem Erfahrungen aus der Entwicklungszusammenarbeit mit und sitzt in zahlreichen Kuratorien, darunter bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem Hilfswerk CARE. Die Aufgabe sei für sie überraschend gekommen, aber sie sehe gute Möglichkeiten, sich in ihrer neuen Funktion aktiv in die Menschenrechtspolitik einzubringen, sagte Kofler am Mittwoch in Berlin bei ihrer Vorstellung im Auswärtigen Amt.
Die 48-Jährige wird ab 1. März die Nachfolge von Strässer antreten. Dieser erklärte zum Abschied, er wünsche seinen Nachfolgern, dass sie als Menschenrechtsbeauftragte Rückgrat zeigten, „auch wenn es manchmal wehtut“.
Von Anna Mertens (KNA)
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