
„Ein Erdrutsch-Sieg der Demokratie“
Myanmar ‐ Es war ein historischer Tag: Nach mehr als fünf Jahrzehnten Militärdiktatur trat am Montag in Myanmar das erste frei gewählte Parlament zusammen. Kardinal Charles Maung Bo lobt die „innerliche Öffnung“ seines Heimatlandes - und betet zugleich für eine friedliche Demokratisierung.
Aktualisiert: 03.02.2016
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Nach mehr als fünf Jahrzehnten Militärdiktatur trat am Montag in Myanmar das erste frei gewählte Parlament zusammen. Die Nationale Liga für Demokratie (NLD) der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hatte die Parlamentswahl im November 2015 für sich entschieden. Im Gespräch mit Radio Vatikan würdigte Kardinal Charles Maung Bo die „innerliche Öffnung“ seines Heimatlandes.
„Es war etwas überraschend, dass in Myanmar nach fünfzig Jahren Militärregime am letzten 8. November demokratisch eine Regierung gewählt werden konnte. Ein neunzigprozentiger Sieg, ein Erdrutsch-Sieg der Demokratie. Natürlich müssen wir viel dafür beten, dass der Übergangsprozess Schritt für Schritt und friedlich über die Bühne gehen kann“, so Bo.
Die Menschenrechtlerin Seng Raw Lahpai sieht eine der größten Herausforderungen der neuen Regierung darin, einen Dialog für Frieden und nationale Versöhnung in Myanmar zu schaffen. Auch „die Neudefinition der Beziehungen zwischen Militär und zivilen Institutionen sowie eine Sozial- und Wirtschaftspolitik für das ganze Volk“ stehen aus Sicht der Misereor-Partnerin ganz oben auf der Agenda.
„Die Militärs haben ein halbes Jahrhundert regiert“, führte Kardinal Bo aus. „Für sie ist es schwierig, die Macht abzugeben. Aber Aung San Suu Kyi sucht hier viel Ausgleich, so dass es keine aggressiven Vorgänge gibt. Es wird hart daran gearbeitet, dass der Übergang sanft vonstattengeht.“
Bo ruft zum Kampf gegen Armut auf
Papst Franziskus hat den Erzbischof von Yangon 2014 als ersten Bischof Myanmars in der Geschichte in den Kardinalsrang erhoben. Bo vertrat den Papst beim Eucharistischen Weltkongress in Cebu auf den Philippinen, der am Sonntag zu Ende gegangen ist. In seiner Eröffnungspredigt hatte der Kardinal aus Myanmar von einem „Dritten Weltkrieg gegen die Armut“ gesprochen, den die gesamte internationale Gemeinschaft führen müsse. Radio Vatikan gegenüber präzisierte Bo diese Forderung:
„Was ich meine: Die ganze Welt, das globale Volk sollte teilnehmen an dieser Herausforderung, Armut auszurotten. Wir können das lösen! Eine gerechte Verteilung ist möglich! Auf der Welt gibt es Reichtum und Armut – nicht weil nicht genug Bodenschätze und Naturreserven vorhanden wären oder es nicht genug Essen gäbe. Armut gibt es wegen der armseligen, ungenügenden Verteilung! Es sollte ein System in allen Religionen, in allen Kirchen, in allen Ländern mit ihren Regierungen entwickelt werden, ein System, das auf Teilen beruht. Wir haben das Beispiel des Papstes. Nicht nur die katholische Welt schaut auf ihn, sondern auch alle anderen Religionen.“ (Radio Vatikan/KNA/lek)
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