Frage: Schwester Regina, Ihre Ordensgemeinschaft ist auch auf anderen Kontinenten präsent. Wie ist es da um die Orden bestellt?
Sr. Regina: In meiner Rolle beobachte ich zwei Strömungen. In Deutschland spreche ich von Rückbau und beobachte eine starke Suchbewegung der Orden, wie sie sich heute einbringen können. In Asien spreche ich von Aufbau. Diese Gleichzeitigkeit erzeugt eine Spannung, die richtig lustvoll und ermutigend ist. Unsere älteren Schwestern sind weitgehend zufrieden, dass es wieder andernorts einen Aufbruch gibt. Das überträgt sich auch auf die jungen Schwestern, die sehr motiviert sind. Wie viele junge Leute streben sie ins Ausland. Ein Auslandsaufenthalt ist ja etwas Wertvolles, und wir können das unseren Mitschwestern bieten. Da sehe ich schon eine Kraft, eine Dynamik, ein Potenzial und auch eine Zukunftsvision. Wir Schwestern in aller Welt inspirieren uns durch den Austausch auch in unserem geistlichen Leben und lernen voneinander – das ist sehr bereichernd.
Frage: Sitzen Frauen- und Männerorden eigentlich im gleichen Boot, oder sehen Sie Unterschiede in ihrem Wirken?
Kugler: Weil sich das Bild und die Rolle der Frau gewandelt haben, sind die Herausforderungen für Frauengemeinschaften größer. Aber ich sehe viele Ähnlichkeiten und Annäherung in dem, was Frauen und Männer im Ordensbereich tun und wie sie leben. Gerade jüngere Schwestern sind zunehmend im seelsorglichen und wissenschaftlichen Bereich tätig. Wir spüren in unserem Verband ein sehr geschwisterliches Miteinander.
Frage: Vielleicht möchten Sie, Schwester Regina, etwas zur Situation der Männerorden sagen?
Sr. Regina: Wir sind auf Augenhöhe unterwegs. In unserem Haus sitzen beispielsweise die Brüder, die im Rahmen einer Pflege bei uns leben, im Refektorium mit uns am Tisch. Das ist ganz normal geworden. Früher wurde sehr viel Wert auf Distanz gelegt, das ist vorbei. Wir sind miteinander unterwegs und begegnen uns als Brüder und Schwestern. Dieses faire Miteinanderumgehen ist zeichenhaft. Wir können da – auch für Partnerschaften anderer Art – durchaus Beispiel geben.
Frage: Papst Franziskus redet oft Klartext und überrascht immer wieder mit ungewöhnlichen Ideen. Hand aufs Herz – nervt Sie das nicht auch mal?
Kugler: Es ist immer gut, wenn mal jemand den Finger in die Wunde legt. Es ist ja nicht so, dass er uns zu irgendetwas zwingt – er spricht einfach frank und frei aus, was ihm auf der Seele liegt. Es ist sympathisch, dass er das so sagen kann. Natürlich gibt er uns aus seiner Perspektive auch immer wieder einen Impuls. Das ist auch gut und wichtig, insofern finde ich das durchaus erfrischend.
Frage: Papst Franziskus fordert immer wieder Visionen, wo sehen Sie die Orden in der Zukunft?
Kugler: Sie sehen Zeichen der Zeit, treffen mutige Entscheidungen und stellen sich neuen Herausforderungen. Vielleicht finden sie neue Felder des Apostolats oder leben eher in kleineren Gruppen.
Sr. Regina: In Zukunft wird es zwar weniger Ordensleute geben. Aber sie sind mit Strahlkraft ausgestattet, weil sie frei von vielen Lasten sind und sich auf ihr geistliches Leben und ihre Sendung konzentrieren können.
Von Angelika Prauß (KNA)
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