Wie dieser am besten ausgestaltet wird, beraten nun Experten aus Verbänden, Orden, Hilfswerken und Gemeinden. Für die Gespräche hinter verschlossenen Türen sind vier Stunden angesetzt. Arbeitsgruppen sollen handfeste Hinweise für die kirchliche Flüchtlingshilfe entwickeln, etwa wie der große Einsatz ehrenamtlicher Helfer auf lange Sicht unterstützt werden kann. Ein Engagement, das Papst Franziskus jetzt vor den deutschen Bischöfen als vorbildlich gelobt hat.
Weitere Themen in den Workshops: die Fortbildung von Mitarbeitern der Flüchtlingshilfe, der Schutz unbegleiteter Kinder sowie das Zusammenspiel von christlichen, muslimischen und jüdischen Helfern. Gerade angesichts der jüngsten Anschläge ein wichtiger Ansatz. Eine weitere Gruppe beschäftigt sich damit, wie Flüchtlinge die Seelsorge verändern. Denn trotz aller Zäune und aller Ertrunkenen – sie kommen nach wie vor. Seit Beginn der Krise sind die christlichen Gemeinden vor Ort in der Flüchtlingsfrage zu starken Säulen herangewachsen, ohne die vieles zusammenbrechen würde. Hier stellen sie Wohnungen bereit, dort bieten sie Sprachkurse an, helfen beim Papierkram mit Behörden, schaffen Treffpunkte. Und: Sie kümmern sich wie der Jesuiten-Flüchtlingsdienst und die Organisation Pro Asyl um Rechtsbeistand für Menschen, die abgeschoben werden sollen.
100 Millionen Euro für Flüchtlingshilfe
2015 hat die katholische Kirche in Deutschland zusätzlich knapp 100 Millionen Euro in die Flüchtlingsarbeit gesteckt. Die evangelische Kirche spricht ebenfalls von einem dreistelligen Millionenbetrag. Was sich nicht aufrechnen lässt: der Beitrag der vielen freiwilligen und hauptberuflichen Mitarbeiter zu einer Willkommens- und Solidaritätskultur.
Im Schatten der Kirchen packen viele mit an, weil die Sorge für Migranten und Flüchtlinge zum christlichen Selbstverständnis gehört. Kardinal Reinhard Marx brachte das auf die griffige Formel: „Ausländerfeindlich und katholisch zu sein, geht nicht zusammen.“
Bei allem Einsatz für Asylsuchende beansprucht die Kirche freilich auch, das Wohl der Gesamtgesellschaft mit im Blick zu haben – mitunter eine Gratwanderung. Beispiel: In den Tagen rund um den Gipfel will das Bundeskabinett schnellere Asylverfahren beschließen, und Caritas-Chef Peter Neher spricht von einem „berechtigten Interesse der Politik, angesichts der vielen Flüchtlinge handlungsfähig“ zu bleiben. Einerseits.
Andererseits hält Neher „das Absenken von Standards im Asylverfahren“ für nicht akzeptabel. Deshalb wendet sich der Verband unter dem Strich gegen die geplante Neuregelung. Zu den Kirchenstimmen, die sich in der Flüchtlingsfrage besonders stark einbringen, zählt der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Er hat das Thema zu einem seiner Schwerpunkte gemacht – und lobt die Kanzlerin, für die die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen alternativlos ist. Natürlich werde das nicht einfach, so Woelki: „Aber nur gemeinsam werden wir das schaffen.“ Das klingt ähnlich wie Merkels Mantra – und doch ein bisschen anders.
Von Thomas Winkel (KNA)
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