Das Bündnis der noch amtierenden Präsidentin Cristina Kirchner, der die Verfassung nach zwei Amtszeiten in Folge eine erneute Kandidatur untersagt, hat nach der Papstwahl des vormaligen Erzbischofs von Buenos Aires, Kardinal Jorge Bergoglio, immer wieder versucht, Franziskus für sich zu vereinnahmen. Wie der Papst wirklich über Kirchner und die „FPV“ denkt, ist seit dessen Wahl Gegenstand heftiger Debatten in Argentinien.
Linksgerichtete Priesterorganisation wirbt für Sozialisten Scioli
Die linksgerichtete Priesterorganisation „Geistliche der Option für die Armen“ in Argentinien hat sich dagegen klar positioniert. Es gebe bei der Wahl zwei Alternativen, erklärt das Bündnis. Die eine Seite unterstütze die nationale Industrie, die Menschenrechte und Hunderte Gesetze einer sozialen Inklusion. Die andere Seite vertrete ein Modell, das Arbeitsplätze im eigenen Land zerstöre. Daher müsse das Volk den Kandidaten des regierenden Linksbündnisses „Front für den Sieg“ Daniel Scioli wählen.
Nach jüngsten Umfragen geht der Kandidat des bürgerlichen Lagers, Mauricio Macri, als leichter Favorit in das Rennen. Mit dem 56-Jährigen würde die argentinische Politik einen Richtungswechsel nehmen. Macri, Unternehmer und früherer Präsident des Fußballclubs Boca Juniors, steht für einen deutlich wirtschaftsfreundlicheren Kurs und für eine Öffnung des Landes für ausländische Investoren.
Bischöfe Argentiniens geben sich zurückhaltend
Die argentinischen Bischöfe gaben sich zuletzt zurückhaltend. Bei ihrer jüngsten Vollversammlung kritisierten sie eine wachsende Armut und einen steigenden Einfluss des Drogenhandels in Argentinien, der inzwischen alle gesellschaftlichen Schichten durchdrungen habe. Zudem monierten sie, dass bei der jüngsten TV-Debatte zwischen Scioli und Macri das Thema Korruption im Land nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe.
Im ersten Wahlgang vor rund einem Monat hatte Scioli zwar knapp die Oberhand behalten, aber nicht die notwendige Stimmenzahl erhalten, um im ersten Wahlgang zu gewinnen. Analysten gehen davon aus, dass die Mehrzahl der Wähler des Drittplatzierten und Kirchner-Kritikers Sergio Massa nun auf die Seite Macris überschwenken werde. Überraschend hatte das Macri-Lager bereits in der bevölkerungsreichen Provinz Buenos Aires gewonnen; die Region galt als klassisches Kernland des Kirchner-Lagers.
Die Wahlniederlage in dieser wichtigen Region wie auch das Scheitern Sciolis im ersten Durchgang gilt als Beleg für eine Wechselstimmung im Land. Ob diese allerdings ausreicht, um Macri tatsächlich ins Amt zu heben, wird der Sonntag zeigen. Ein Wahlsieg des bürgerlichen Kandidaten würde auch die Kräfteverhältnisse im südamerikanischen Staatenbund UNASUR verändern. Der wird bislang von den Linksregierungen dominiert.
Von Tobias Käufer (KNA)
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