Im Anschluss treffen wir uns zu dritt, vergleichen was wir gehört haben und analysieren das Gesagte. Das Problem ist oft, dass die verschiedenen Gruppen schon lange aufgehört haben, miteinander zu reden. Daher laden wir die Vertreter aller drei religiösen Gruppen in eine gemeinsame Runde unter den Baum des Palavers ein, halten das Gesagte gegeneinander und diskutieren es.
Wenn wir uns auf diese Weise ein gutes Bild der Lage verschafft haben, halten wir zum Schluss eine große öffentliche Versammlung ab, in der wir vor allen die Ergebnisse der bisherigen Treffen vorstellen, aber auch unsere Kernbotschaften und unsere allgemeinen Erfahrungen zu dem Konflikt verdeutlichen.
Frage: Sie waren mehrfach in direkter Lebensgefahr, als Sie sich für den jeweils anderen einsetzten. Woher nehmen Sie Ihre Stärke?
Nzapalainga: Was gibt uns diese Kraft? Der Glaube an Gott und an die Menschen. Gott hat uns gemacht und ist Herr unseres Lebens. Und er hat die Menschen nach seinem Angesicht geschaffen. Tötest du also einen Menschen, tötest du das Abbild Gottes. Das ist etwas Heiliges und dies sollte auch jedem Gewalttäter vor Augen geführt werden. Wer mordet handelt gegen Gottes Plan. Das hat uns angetrieben weiterzumachen.
Viele der Menschen befürchten, ermordet zu werden, wenn sie unangenehm auffallen. Sie haben Angst um ihre Familien. Diese Angst haben wir nicht. Wir sind bereit zu sterben. Sehr viele Muslime haben auf unserem Kirchengelände den Konflikt überlebt. Imam Kobine Layama hat fünf bis sieben Monate bei mir gelebt. Andersherum gibt es natürlich auch Muslime, die Christen gerettet haben.
Layama: Die wirklich Gläubigen haben sich an diesen Gewalttaten nicht beteiligt. Sie haben vielmehr versucht, sich gegenseitig zu schützen. Erzbischof Dieudonne Nzapalainga hat viele Muslime gerettet. Wir danken ihm sehr.
Auch für uns ist das Wort Gottes eine große Kraftquelle. Wir haben die gleichen Aussagen im Koran: Auch wir glauben an die Pflicht zur Nächstenliebe. Wir haben da eine gemeinsame Botschaft, einen humanistischen Auftrag. Aber der muss auch dazu führen, dass man dementsprechend handelt. Erst recht als Führer einer solchen Gemeinde, als Hirte: Man kann die Gemeindemitglieder nicht in der Gefahr allein lassen. Wir sind vereint gegen die, die darauf aus sind, Menschen zu trennen und gegeneinander auszuspielen. Wir setzen auf die Einheit. Und haben trotzdem Respekt vor der Differenz.
Frage: Was erwarten Sie von den Kirchen und Moscheegemeinden in Deutschland?
Nzapalainga: Wenn Sie sehen, wie viele Schulen und andere öffentliche Einrichtungen zerstört worden sind, dann ist klar: Wir haben nicht die Möglichkeit, das allein wiederaufzubauen. Wir brauchen die Hilfe anderer. Zugleich muss man sehen, dass die Zentralafrikanische Republik ein rohstoffreiches Land ist. Man kann nicht sagen, dass alle Menschen im Norden uns wohlgesonnen sind. Es gibt auch Menschen, die an diese Reichtümer billig heranwollen und denen Chaos bei uns ganz recht ist.
Von Erhard Brunn
© weltkirche.katholisch.de