Flüchtlinge wollen vorerst nicht zurückkehren
Zu der Erleichterung über das Zurückdrängen von Boko Haram kommt allerdings die zunehmende Sorge um die Situation der bis zu 1,5 Millionen Menschen, die innerhalb Nigerias oder in Nachbarländern auf der Flucht vor Boko Haram sind. Bischof Stephen Mamza, dessen Diözese Yola 70 Prozent der Flüchtlinge aus der am schlimmsten vom Terror betroffenen Diözese Maiduguri aufgenommen hat, beklagt menschenunwürdige Zustände. Es fehle an Nahrung, Decken, Medikamenten, Sicherheit. Seine Diözese fühle sich mit dem Flüchtlingsansturm überfordert. Ähnlich prekär ist die Situation in den Flüchtlingslagern in Nordkamerun, in denen 36.000 Menschen Zuflucht gefunden haben. Eine Delegation nigerianischer Bischöfe hat die Lager Anfang März besucht, um sich ein Bild über die Lage zu verschaffen und hat den Flüchtlingen versichert: „Wir haben euch nicht vergessen.“ Mit Hilfe des Internationalen Katholischen Missionswerks Missio verteilen Mitarbeiter des Bistums Yola Hilfsgüter an die Flüchtlinge. Die nigerianische Regierung hat mittlerweile umgerechnet 236.872 Euro für die Flüchtlinge in Kamerun zur Verfügung gestellt, die nigerianische Bischofskonferenz weitere 47.200 Euro. Weil die Flüchtlinge den Ausbruch von Gewalt nach den Wahlen fürchten, zögern sie jetzt, in befreite Dörfer zurückzukehren. „Die meisten wollen nicht vor dem 29. Mai zurückgehen, dem Tag der Amtsübergabe an eine neue Regierung“, sagt Bischof Mamza.
Boko Haram agitierte zuerst nur gegen Armut und Korruption
Nigeria ist mit 177 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Etwa 50 Prozent der Bevölkerung bekennt sich zum Islam, 40 Prozent zum Christentum und etwa zehn Prozent sind Anhänger traditioneller afrikanischer Religionen. Nigeria ist führender Ölproduzent des afrikanischen Kontinents - doch die Bevölkerung profitiert nicht davon. Weite Teile leben perspektivlos in Armut. Die Gruppe Boko Haram gründete sich 2002 auch mit dem Anliegen, diese Verhältnisse zu beseitigen: Für sie trug der Westen mit Schuld an der Armut. Ihre Mitglieder, die sich „Anhänger der Verbreitung der Lehren des Propheten und des Heiligen Krieges“ nennen, predigten damals auch aus diesem Grund gegen den westlichen Einfluss im muslimisch dominierten Norden des Landes und für die Einführung eines islamischen Staates. Aber sie begingen noch keine Gewalttaten.