Zum Schweigen gebracht
Ein Beispiel nun aus der Indio-Gemeinde: In einem fruchtbaren Tal eine sehr große Hazienda, mit so viel Land, dass der Besitzer es sich leisten konnte, einige Randgebiete brach liegen zu lassen. Auf den Bergen ringsherum leben Tausende Indios, mit einem winzigen, felsigen Stückchen Land, wo fast nichts wachsen kann. Überleben können die meisten nur als quasi Leibeigene des Großgrundbesitzers oder sie wandern ab in die Elendsviertel der Großstädte. In dieser Situation besprachen wir – wie so oft – was man tun könnte und wir hatten die Idee, auf einer kleinen Fläche von ca. zwei Hektar, die vom Großgrundbesitzer nicht genutzt wurde, Kartoffeln zu pflanzen. Es ging auch gut, doch kurz vor der Ernte wurde alles entdeckt: Eine Militäreinheit kam im Hubschrauber, beschoss ohne Vorwarnung die Menschen, mit Brandbomben wurden ihre Hütten zerstört. Zum Glück konnten sich viele Kinder gerade noch ins Freie retten. Am Ende aber waren 6 Tote und etwa 20 Schwerverletzte zu beklagen. Trotz massiven Einsatzes unseres Bischofs zugunsten der Indios konnte er nichts erreichen, das Recht stand auf der Seite des Großgrundbesitzers, im Gegenteil, der Bischof erhielt massive Drohungen und er wurde von den Mächtigen als Kommunist diffamiert, als Feind der christlich-abendländischen Zivilisation. Sie sehen, das hat schon viel mit Oscar Romero zu tun: wie und zu wem er sich bekehrte und warum und von wem er daher zum Schweigen gebracht werden musste.
Nicht kapitulieren
Noch ein drittes Beispiel: Valíco, ein junger Katechet und Gesundheitshelfer in Bambamarca, von der Gemeinde ausgebildet und vom Bischof beauftragt, hat mich oft auf den langen Wegen und Fußmärschen begleitet. Eines Tages wurde er verhaftet (wie übrigens des Öfteren andere Aktive der Gemeinde auch). Man fesselte ihn mit dem Kopf nach unten ans Kreuz, brach ihm Arme und Beine. Mehrere Male wurde er zum Schein erschossen und verhöhnt: „Wo bleibt denn nun dein guter Bischof? Er hat dich sicher schon längst vergessen.“ Nun, nach sechs Monaten wurde Valíco entlassen, schwer gezeichnet. Wir rieten ihm, sich nun erst einmal still zu verhalten. Doch entrüstet lehnte er ab. „Wie könnte ich in dieser Situation meine Brüder und Schwestern im Stich lassen? Gott hat mich berufen. Ich kann nicht anders, als meinen Weg mit meiner Gemeinschaft weiterzugehen. Es gibt keine Alternative zu dem Einsatz für eine gerechtere Welt“. Und er machte weiter und mit ihm viele andere junge Menschen.