Kozon: Mehr als 50 Prozent der Katholiken sind Einwanderer der ersten, zweiten oder dritten Generation. Die größten Gruppen kommen aus Polen und Litauen, von den Philippinen, aus Vietnam oder aus Sri Lanka. Ich empfinde es als Bereicherung und zugleich als Herausforderung. Einerseits haben Einwanderer Pfarreien gerettet, die kurz vor dem Aussterben standen. Andererseits frustriert es so manchen dänischen Katholiken, dass er sich plötzlich in seiner eigenen Kirche in der Minderheit erlebt.
Frage: Durch Grönland und die Färöer sind Sie Bischof eines der größten Bistümer der Welt. Wie häufig fahren Sie hin?
Kozon: Nach den Färöern fahre ich einmal im Jahr, nach Grönland etwas seltener. Das meiste spielt sich im eigentlichen Dänemark ab. Auf Grönland leben knapp 100 Katholiken, obwohl auch dort ihre Zahl wächst. Auf den Färöer-Inseln blüht hingegen das Gemeindeleben.
Frage: 22 katholische Schulen gibt es in Dänemark. Das ist einzigartig in Nordeuropa …
Kozon: Die Schulen wurden von Ordensgemeinschaften ab Ende des 19. Jahrhunderts für katholische Kinder gegründet. Sie bekamen sehr schnell einen guten Ruf, so dass schon früh auch Nichtkatholiken die Schulen besuchten. Heute sind rund zehn Prozent der Schüler katholisch. Katholische Schule zu sein hat sich gewandelt. Es bedeutet heute etwas anderes als noch vor 50 Jahren. Damals stärkten sie das katholische Milieu, heute sind sie ein Beitrag in der Gesellschaft.
Frage: Religionsunterricht ist an diesen Schulen obligatorisch, an staatlichen nicht?
Kozon: Nein, an staatlichen Schulen wird das Fach Christenkunde unterrichtet, was jedoch nicht mit Religionsunterricht vergleichbar ist. Das Fach gibt Auskunft vorwiegend über das Christentum, aber auch über andere Religionen. Katechese ist an staatlichen Schulen verboten. Ob man ein Vaterunser beten oder an einem lutherischen Weihnachtsgottesdienst teilnehmen darf, ist ein Streitthema. Die Menschen haben Angst, dass ihren Kindern das Christentum aufgezwungen wird.
Frage: Wie finanziert sich die Kirche?
Kozon: Die katholische Kirche in Dänemark bekommt, anders als in Schweden oder Norwegen, keinerlei staatliche Unterstützung. Wir halten zwar die Katholiken an, Kirchgeld zu zahlen, allerdings reicht das nicht aus. Denn neben den 40.500 registrierten Gläubigen leben noch viermal so viele katholische Christen in Dänemark, die nicht registriert sind und von denen trotzdem viele in die Messe kommen. Wir befinden uns in einer noch nie da gewesenen Finanzkrise. Wir müssen Gebäude verkaufen und sind auf die Solidarität aus dem Ausland angewiesen, vor allem aus Deutschland, insbesondere auf die Hilfe des
Bonifatiuswerkes
, des Diaspora-Kommissariats und der Ansgar-Werke.
Das Interview führte Alfred Herrmann.