Frage: Sie haben sich vor kurzem mit dem nigerianischen Präsidenten getroffen. Was haben Sie ihm gesagt?
Kaigama: Wir haben ihn lediglich an das erinnert, was er bereits selber weiß. Nichts von dem, was wir sagten, war neu. Wir haben Wert auf die Feststellung gelegt, dass wir uns über die wachsende Unsicherheit im Land Sorgen machen. Der Präsident tut schon seine Pflicht; er hat uns versichert, dass er die Situation im Griff habe. Er sagte, man prüfe Strategien und dass dieser Terrorismus, den wir derzeit erleben, durch die Gnade Gottes bald der Vergangenheit angehören werde. Die effektive Verteilung von Hilfsgütern war eines der Themen, das wir ebenfalls angesprochen haben. Für die Vertriebenen ist zwar häufig genug vorhanden, doch die Mittel werden veruntreut. Wir berichteten ihm von der überaus effizienten Form, mit der die katholische Kirche Vertriebene erfasst und die wenigen von den Kirchen gesammelten Hilfsgüter durch die Kommission für Gerechtigkeit, Frieden und Entwicklung erfolgreich verteilt.
Frage: Ist die nigerianische Regierung unfähig oder nicht willens, die Krise im Nordosten zu bewältigen?
Kaigama: Die Regierung verfügt über die Fähigkeit, ein Ende der Kampfhandlungen herbeizuführen und einen positiven Wandel zu vollziehen. Dazu müssten die diversen Staatsorgane geschlossen und entschieden vorgehen. Es scheint jedoch, dass sie terroristische Angriffe einfach nur verurteilen und wirkungslose Maßnahmen ergreifen.
Frage: Tragen denn die Parlamentswahlen im Februar 2015 zu der Eskalation im Nordosten bei? Ist es überhaupt möglich, Wahlen durchzuführen, wenn Teile des Landes der Regierung der Kontrolle entglitten sind?
Kaigama: Ja. Die Wahlen spielen eine große Rolle bei der Eskalation der Gewalt. Ich meine, sie lenken geradezu davon ab. Obwohl Boko Haram sich territorial ausweitet und Menschen aus ihren Häusern vertreibt, sind unsere Entscheidungsträger und Politiker ganz wild mit Wahlkampagnen beschäftigt. Sie greifen sich gegenseitig an und beleidigen sich, beschuldigen sich gegenseitig und zeigen mit dem Finger auf den anderen, veranstalten und feiern alle möglichen Zeremonien.
Gleichzeitig arbeitet die Nationalversammlung derzeit an einem Gesetzentwurf, durch den es vertriebenen Wahlberechtigten ermöglicht werden soll, ungeachtet ihres Aufenthaltsortes wählen zu können. Wenn das gelingt, könnten auch die Vertriebenen ihr Wahlrecht ausüben. Die Möglichkeit, Wahlen in solchen Krisenregionen durchzuführen, besteht also, wenn gegen die Terroristen entschlossen eingeschritten wird, die Regionen zurückerobert und für eine Rückführung der Menschen gesichert werden. Eine aufgeschlossene Regierung kann das mithilfe der Nigeria zur Verfügung stehenden Mittel durchaus erreichen.
Von Bettina Tiburzy, Missio Aachen
Quelle:
Missio-Blog „Bedrängte Christen“