Für Frieden völlig neuer Ansatz nötig
Die Forderung: Eine ganz neue Friedenspädagogik ist nötig, um aus dem Teufelskreis von Hass und Gewalt herauszukommen. Weil offensichtlich auf keiner Seite der Konfliktparteien im Gazakonflikt ein ernsthafter politischer Wille für einen dauerhaften Frieden und für echte Gerechtigkeit für alle Betroffenen zu erkennen ist, braucht es nach meiner Überzeugung einen ganz neuen Friedensansatz, der sozusagen bereits im Kindergarten beginnt und sich über die komplette Schulzeit hinzieht. Exemplarisch dafür könnte das Projekt
„Kids4Peace“
in Jerusalem sein, das seit 2002 mit Hunderten von Kindern und deren Familien in Jerusalem und der Westbank in einem sechsjährigen, interreligiösen Friedensprojekt an einer neuen, friedlichen Gesellschaft arbeitet.
Für einen dauerhaften Frieden, der allen Menschen ein Leben in Freiheit und Gerechtigkeit garantiert, müsste also völlig neu, ganz von vorn und ganz von unten angesetzt werden mit einer Pädagogik des Friedens in den Kindergärten und in den Schulen. Nur so könnten friedensvoraussetzende Werte wie Respekt, gegenseitige Achtung, die unbedingte und unveräußerliche Würde eines jeden Menschen und Gerechtigkeit für alle von Grund auf neu gelernt, trainiert, gelebt und tradiert werden. In Interviews mit Schülerinnen und Schülern der 9. Klasse der
Rosary-Sisters-School in Gaza
wurden diese nach ihren Erfahrungen mit dem Krieg im letzten Sommer befragt. Dabei sagten sie unter anderem: „Es war nicht leicht für uns, das alles mitanzusehen. Es war schockierend!" Und: „Alle Probleme könnten friedlich und ohne Krieg gelöst werden!“
Der Patriarch von Jerusalem stellte sich im Gespräch mit uns die Frage: „Wie kann man aus traumatisierten Kindern und Jugendlichen, die zum Teil schon den dritten Krieg in ihrem noch jungen Leben miterleben mussten, noch gute und friedfertige Menschen machen?“ Und Papst Franziskus hat den Christen im Nahen Osten in seinem Brief zum letzten
Weihnachtsfest
geschrieben: „Auch im Bereich des Erziehungswesens geht es um die Zukunft der Gesellschaft. Wie wichtig ist die Erziehung zur Kultur der Begegnung sowie zur Achtung der Menschenwürde und des unumschränkten Wertes eines jeden Menschen! … Wir brauchen vielmehr Friedenspläne und -initiativen, um eine globale Lösung der Probleme der Region zu fördern. Wie lange soll der Nahe Osten noch unter der Friedlosigkeit leiden? Wir dürfen uns nicht mit den Konflikten abfinden, als sei ein Wechsel nicht möglich!“
Von Weihbischof Thomas Maria Renz