Anfangs hielten sich die Menschen von der Leprasiedlung fern. „In den letzten 20 Jahren ließen sich einige Leute in unserer Nähe nieder“, erzählt Sr. Laetitia. „Sie hatten früher Angst vor Ansteckung. Erst als sie sahen, dass wir uns nicht mit Lepra infizieren, obwohl wir schon seit vielen Jahren permanent Umgang mit den Kranken pflegen, getrauten sie sich hierher zu ziehen.“ Doch in Sambia ist auch der Glaube an Schwarze Magie noch lebendig, und der verstärkt diese Furcht. „Manche glauben an die Einwirkung von Hexen“, erzählt der 42-jährige Niederländer Ellard Van Der Molen. „Schwarze Magie gilt als Ursache für alles, was ein Problem ist, auch für Krankheiten und Behinderungen.“ Der Physiotherapeut lebt seit zwei Jahren in Ndola und widmet sich im Rahmen eines von der Diözese durchgeführten Rehabilitationsprogramms Kindern und Erwachsenen mit Behinderung.
Mangelnde Hygiene und schlechte medizinische Versorgung gehören zu den Hauptursachen für viele Behinderungen in Sambia. Oft sind Schwangerschaft und Geburt mit Komplikationen verbunden, Sauerstoffmangel oder eine frühe Erkrankung an Malaria verursachen ebenfalls bleibende Schäden.
Van Der Molen besucht einige Jugendliche zu Hause, um dort physiotherapeutische Übungen mit ihnen zu machen. Der 13-jährige James ist halbseitig gelähmt. Als er nach seiner Geburt an Malaria erkrankte, liefen seine Eltern weg. Seine Tante sorgt heute für ihn. „Er hat sich angewöhnt, herumzukriechen. Dabei bildete sich im Laufe der Jahre eine Hornhaut auf seinen Knien“, erzählt Van Der Molen. „Wenn er vor Jahren richtig begleitet worden wäre, hätte er laufen lernen können. Nun sind seine Knie steif. Er bräuchte eine Operation.“ James wohnt im Stadtbezirk Chipulukusu, in dem die Diözese auch eines ihrer Zentren für Kinder mit Behinderung errichtet hat. Doch James hat keinen Rollstuhl, deshalb kann er nicht zum Zentrum gehen. Eine regelmäßige Physiotherapie ist unmöglich. Der Transport ist zu kompliziert.
Einschulung verweigert, kein Geld für Physiotherapie
Die vierjährige Melody lebt hingegen bei ihrer Mutter. Ihre einnehmende Fröhlichkeit lässt nichts von ihrer körperlichen Beeinträchtigung erahnen. Gleich nach ihrer Geburt wurden Melody beide Beine unter den Knien amputiert. Der Grund klingt für europäische Ohren absurd: Melodys Beine waren zu sehr nach innen ausgerichtet. Nun hat sich die Schule geweigert, Melody aufzunehmen. „Dabei ist sie intelligent“, unterstreicht Van Der Molen. Im besten Spital des Landes wurden Prothesen für Melody angefertigt, die aber zu groß und schwer zu tragen sind. Melodys Gesichtszüge werden ernst, sobald sie die Prothesen anzieht; es kostet sie viel Kraft, vor allem in den Hüften, sie zu tragen.
Was Melody für ihre Physiotherapie bräuchte, wären Holzstufenbarren zum Turnen. So könnte sie lernen, sich besser mit ihren Prothesen fortzubewegen. Eventuell würde sie dann auch die Schule aufnehmen. Doch zurzeit fehlt das Geld für dieses Gerät.