Rehse: Ich habe 15 Jahre in Rio de Janeiro gelebt. Dort habe ich auch meine Tanzausbildung absolviert. Ende der neunziger Jahre wurde ich von einer befreundeten Tänzerin, die selbst aus einem Armenviertel kam, eingeladen, in ihrer Favela Ballettunterricht zu geben. Aus dieser Idee entstand das Tanzprojekt „Salamaleque“. Unser erstes Tanztheater war „Der kleine Prinz“, das wir in einem großen Theater in Ipanema aufführten. Das Projekt wuchs immer weiter und wir begannen, auch in anderen Favelas zu arbeiten. Inzwischen gibt es viele solcher Tanzprojekte für Jugendliche aus den Armenvierteln Brasiliens.
Frage: Inwiefern verändert das Tanzen die Jugendlichen?
Rehse: Mit dem Tanzen verarbeiten die Jugendlichen ihre oftmals traumatischen Erfahrungen. Sie arbeiten mit ihren Gefühlen und erfahren, was in ihnen steckt. Darüber hinaus ist der Tanz eine Chance, mit Menschen aus anderen sozialen Schichten in Kontakt zu treten. Für Straßenkinder und Bewohner von Armenvierteln ist das oft die einzige Möglichkeit. Die Bühne gibt den Tänzern viel Selbstbewusstsein und ist oft der Ansporn, das eigene Leben wieder in die Hand zu nehmen.
Frage: Welche langfristigen Früchte trägt Ihr Tanztheater? Können Sie Beispiele von Jugendlichen nennen, deren Leben sich dadurch grundlegend zum Positiven gewendet hat?