Frage: Sie haben in den vergangenen vier Jahren dreimal zu so genannten Ratschlag-Veranstaltungen eingeladen, auf denen drängende Herausforderungen in der Welt diskutiert wurden. Welche Funktionen hatten diese Veranstaltungen?
Mabanza: Die ersten beiden Ratschlag-Veranstaltungen dienten schwerpunktmäßig der Mobilisierung der Unterstützer. Die
dritte und letzte Versammlung
im Februar 2014 hob sich dagegen stark von ihren Vorgängern ab. Denn mit der Wahl von Franziskus zum neuen Papst hat sich das binnenkirchliche Klima verändert. Vorher war von der Kirchenleitung in Rom kaum Unterstützung für unsere Initiative zu erwarten. Mit Franziskus bekamen plötzlich all die Themen, die wir in unserem Aufruf angesprochen haben – die soziale Ungerechtigkeit, die Ausbeutung der Natur, die Konflikte – neuen Aufwind. Nun haben wir von ganz oben, vom Papst selbst, ein Bekenntnis für die Agenda des Wandels, die wir mit unserem Aufruf lancieren.
Frage: Inwiefern hat Franziskus erstes
Lehrschreiben „Evangelii Gaudium“
der Initiative eine neue Richtung gegeben?
Mabanza: Bevor „Evangelii Gaudium“ veröffentlich wurde, hatten wir das Gefühl, dass wir nicht weiterkommen. Wir wollten mit der Initiative die Kirchen davon überzeugen, dass der Wandel hin zu einem nachhaltigeren Lebensstil der Kern der christlichen Botschaft ist. Wenn wir als Christen nicht dort präsent sind, wo die Kämpfe stattfinden, wo die Menschen an die Ränder gedrängt werden und wo die Natur zerstört wird, würden wir unsere Glaubwürdigkeit als Kirche verlieren. Leider war die Begeisterung in den Kirchen für diese Botschaft nicht so groß wie erhofft. Das hat sich mit „Evangelii Gaudium“ geändert. Es ist ein neuer Geist entstanden – auch bei den Menschen, die sich von der Kirche entfernt haben. Zwar wird dieser Geist längst nicht von allen Kreisen der Kirche getragen, aber durch Franziskus und seine Botschaft finden viele Menschen wieder einen Anschlusspunkt an ihr Christsein. Mit diesem neuen Klima in Rom können wir mit gutem Gewissen das, was wir mit der Initiative angestoßen haben, in den Raum stellen und von anderen weitertragen lassen.
Das Interview führte Lena Kretschmann.