
Bevölkerung in Kolumbien besser schützen
Vor dem Staatsbesuch des kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos am heutigen Mittwoch in Berlin fordern Nichtregierungsorganisationen ein größeres Augenmerk auf die Zivilbevölkerung. Der gewaltsame Konflikt zwischen Regierung und Rebellengruppe geht nach Aussage der Organisationen vor allem zulasten der Bevölkerung. Diese müsse besser geschützt und stärker am Friedensprozess beteiligt werden.
Aktualisiert: 12.07.2015
Lesedauer:
Vor dem Staatsbesuch des kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos am heutigen Mittwoch in Berlin fordern Nichtregierungsorganisationen ein größeres Augenmerk auf die Zivilbevölkerung. Der gewaltsame Konflikt zwischen Regierung und Rebellengruppe geht nach Aussage der Organisationen vor allem zulasten der Bevölkerung. Diese müsse besser geschützt und stärker am Friedensprozess beteiligt werden.
Caritas international rief zu einer breiten Friedensinitiative unter Einbeziehung der Zivilbevölkerung in dem lateinamerikanischen Land auf. Das von der kolumbianischen Regierung geplante nationale Friedensabkommen sei zu begrüßen, betonte der Leiter von Caritas international, Oliver Müller, am Dienstag in Freiburg. Entscheidend sei es aber, lokale Akteure und „insbesondere Opfervertretungen und Menschenrechtsorganisationen“ an der konkreten Umsetzung zu beteiligen. „Bei den Verhandlungen muss es auch um Fragen der sozialen Gerechtigkeit und der Landverteilung sowie um die Rückkehr der Vertriebenen in ihre Heimat gehen“, so der Leiter des katholischen Hilfswerks.
Appell an Angela Merkel
Amnesty International appellierte indes an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sich für die Opfer des bewaffneten Konflikts und einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung einzusetzen. Merkel sollte ein klares Bekenntnis von Präsident Santos einfordern, die Menschenrechtsverletzungen keiner Konfliktpartei zu tolerieren, sie konsequent zu verfolgen und zu bestrafen.
„Trotz der Friedensverhandlungen sind die Zivilbevölkerung und besonders diejenigen, die für ihre und die Rechte anderer eintreten, nach wie vor zahllosen Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtsverstößen ausgesetzt“, sagte der Kolumbien-Experte der Menschenrechtsorganisation, Matthias Schreiber. Verantwortlich sind nach Einschätzung von Amnesty neben paramilitärischen Verbänden und Guerilla-Gruppen auch Polizei und Militär.
Auch die Menschenrechtskoordination Kolumbien (MRKK) rief im Vorfeld des Besuchs von Präsident Santos die Bundeskanzlerin dazu auf, sich in den Gesprächen für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen und des bewaffneten Konfliktes stark zu machen. Dem Menschenrechts-Netzwerk gehören unter anderem der Verein Kolko e. V ., Terre des hommes , Brot für die Welt , Pax Christi und Misereor an.

Mit Blick auf die Friedensverhandlungen zwischen der FARC-Guerilla und der kolumbianischen Regierung erklärte der Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon, die internationale Gemeinschaft und auch die Bundesregierung sollten die Umsetzung eines Abkommens unterstützen – jedoch nur dann, wenn die Rechte der Opfer auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung umfassend berücksichtigt würden. „Es darf nicht vergessen werden, dass sich alle verhandelnden Parteien schwerster Menschenrechtsvergehen schuldig gemacht haben“, mahnte Bröckelmann-Simon.
„Es darf nicht vergessen werden, dass sich alle verhandelnden Parteien schwerster Menschenrechtsvergehen schuldig gemacht haben.“
Mehr Schutz für Journalisten
Reporter ohne Grenzen (ROG) forderte zudem mehr Schutz für Journalisten in dem südamerikanischen Land. Die Zahl der Todesdrohungen gegen investigative und kritische Reporter habe massiv zugenommen. „Die kolumbianischen Behörden müssen endlich verlässlichen Schutz für Journalisten garantieren, die unter Lebensgefahr über wichtige Themen wie Korruption oder die zwielichtigen Verstrickungen von Politikern und Verbrecherkartellen recherchieren“, mahnte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
Bei den Kämpfen zwischen Regierung und mehreren Rebellengruppen wie der FARC sind nach offiziellen Schätzungen mehr als 200.000 Menschen getötet worden, fünf Millionen sind vor den Kämpfen geflohen. Seit Ende 2012 gibt es Friedensgespräche zwischen kolumbianischer Regierung und FARC.
Präsident Santos reist diese Woche durch Europa, um Unterstützung für den Friedensprozess mit der FARC-Guerilla zu suchen. Neben dem Besuch in Deutschland sind Aufenthalte in Spanien, Belgien, Frankreich, Großbritannien und Portugal geplant. (lek mit KNA/Misereor)