Der Politikwissenschaftler Ricardo Ismael von der katholischen Universität von Rio de Janeiro warnt vor Aktionismus. „Natürlich sind alle für eine Reform, ohne aber genau zu wissen, wie sie aussehen soll“, so Ismael. „Manche glauben, dass die Wahlpflicht abgeschafft werden müsse, andere wollen die Medien unter Kontrolle stellen.“ Ismael glaubt, dass entsprechende Vorschläge erst einmal im Kongress erarbeitet werden müssten, bevor das Volk diese in einem Referendum bestätigt oder ablehnt.
Überzeugungsarbeit ist gefragt
Ähnlich äußerte sich auch Senatspräsident Renan Calheiros am Montag. „Der Kongress kann die Reform realisieren und hat danach 30 Tage Zeit, ein Referendum hierüber abhalten zu lassen.“ Das Problem daran: Viele Brasilianer trauen dem Kongress nicht zu, eine grundlegende Reform auszuarbeiten. Dazu gehört auch Befreiungstheologe Leonardo Boff. Niemals würden die Abgeordneten gegen ihre eigenen Interessen stimmen, so Boff. Denn ausgerechnet Senatspräsident Calheiros hatte Ende 2013 bereits eine Initiative Rousseffs zur Politikreform begraben. Es wird schwierig werden für Rousseff, ihre Politikerkollegen dieses Mal von der Notwendigkeit eines Neuanfangs zu überzeugen.
Von Thomas Milz