
Venezuela findet keinen Weg aus der Krise
Zumindest Papst Franziskus hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es vielleicht doch noch zu einer Fortsetzung des unterbrochenen Dialogs der zerstrittenen politischen Lager in Venezuela kommt. Man dürfe keine Angst vor dem Frieden, dem Zusammenleben und dem Dialog haben, schrieb das Kirchenoberhaupt den Venezolanern in einem Brief, aus dem Nuntius Aldo Giordano in Caracas am Wochenende bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Venezuela – Territorium des Friedens“ zitierte. Unter den Zuhörern befand sich auch Innenminister Miguel Rodriguez.
Aktualisiert: 12.07.2015
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Zumindest Papst Franziskus hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es vielleicht doch noch zu einer Fortsetzung des unterbrochenen Dialogs der zerstrittenen politischen Lager in Venezuela kommt. Man dürfe keine Angst vor dem Frieden, dem Zusammenleben und dem Dialog haben, schrieb das Kirchenoberhaupt den Venezolanern in einem Brief, aus dem Nuntius Aldo Giordano in Caracas am Wochenende bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Venezuela – Territorium des Friedens“ zitierte. Unter den Zuhörern befand sich auch Innenminister Miguel Rodriguez.
Doch derzeit sieht es in Venezuela nicht danach aus, als könnten die verfeindeten Lager aus regierenden Sozialisten und bürgerlicher Opposition noch einmal an den vor Monaten aufgenommenen Gesprächsfaden anknüpfen.
Ähnlich wie Papst Franziskus sieht es Jose Miguel Insulza, chilenischer Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Der Chilene erklärte jüngst, der Dialog sei ein unentbehrlicher Weg, um die politische Krise in dem südamerikanischen Land zu lösen. Allerdings zweifelte Insulza den Willen der Regierung in Caracas zu einem ernsthaften Gespräch an.
Die Opposition könne sich nicht an einen Tisch mit der Regierung setzen, solange ein Teil ihrer Führungsfiguren im Gefängnis sitze, erklärte Insulza. Dialog bedeute, dass nicht nur geredet, sondern auch zugehört werde. Es müsse die Bereitschaft geben, aufeinander zuzugehen und sich in der Mitte des Weges zu treffen. Die bisherige Vermittlung des südamerikanischen Staatenbundes UNASUR habe bislang eher eine Vielzahl von Monologen hervorgebracht, bemängelte Insulza.
Tiefes Zerwürfnis
Die Reaktion auf die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Venezuelas Außenminister Rafael Ramirez wertete die Äußerungen des Chilenen als „unglücklich“ und als Teil einer Medienkampagne gegen die politische Ordnung Venezuelas. Die Regierung von Nicolas Maduro werde keinerlei Einmischung oder Kritik dulden. Niemand dürfe den moralischen Anspruch reklamieren, über das Land zu sprechen, in dem die „totale Demokratie“ herrsche, betonte Ramirez.

Das sieht die Opposition anders. Lilian Tintori, Ehefrau des seit Februar wegen Anstachelung zur Rebellion inhaftierten prominenten Oppositionspolitikers Leopoldo Lopez, griff die Regierung scharf an: „Maduro verletzt unsere Grundrechte. Es gibt keine Demokratie, solange es politische Gefangene gibt“, sagte Tintori. Lopez, ein Nachfahre des lateinamerikanischen Freiheitskämpfers Simon Bolivar, wartet seit Wochen darauf, dass seine Anhörung endlich abgeschlossen wird. Doch die venezolanische Justiz arbeitet provozierend langsam. Sie vertagt sich nahezu im Wochentakt, und so schleppt sich der Prozess von einem Monat zum nächsten.
Vatikan als Vermittler
Nun unternahm der Vatikan einen neuen Vorstoß, sich für die Wiederaufnahme des zuletzt ins Stocken geratenen Dialogs einzusetzen. Nuntius Giordano erklärte, die Kirche sei bereit, einen Beitrag zu leisten, um das Wohl des Landes zu fördern und die existierenden Spannungen zu überwinden.
Nach wochenlangen Massenprotesten hatten die Maduro-Regierung und Teile der Opposition im April dieses Jahres Gespräche zur Überwindung der politischen und wirtschaftlichen Krise aufgenommen. Daran hatten neben Vertretern des Staatenbündnisses UNASUR auch der Vatikanbotschafter als Vermittler teilgenommen. Der Dialog war allerdings kurz darauf wieder ausgesetzt worden, nachdem sich beide Seiten vorgeworfen hatten, an einer Lösung der Krise nicht interessiert zu sein.
Auslöser der schweren Krise waren im Februar dieses Jahres Massenproteste und Studentenunruhen in Folge von Lebensmittelknappheit, hoher Kriminalität, Polizeigewalt und staatlicher Zensur. Die venezolanische Regierung hatte die Proteste als Putschversuch bezeichnet und zahlreiche Oppositionspolitiker unter dem Vorwurf verhaften lassen, für die Gewalt verantwortlich zu sein. Menschenrechtsorganisationen erheben schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte.
Von Tobias Käufer