„Ich bin überzeugt: Was Christentum ist, lässt sich nicht theoretisch erklären. Es geht nicht durch Worte. Nur über das eigene Tun“, sagte sie kürzlich im Interview. Geboren 1929 in Leipzig, kam Pfau nach Kriegsende nach Westdeutschland und studierte Medizin. Mit 22 ließ sie sich evangelisch taufen, trat aber wenig später zum Katholizismus über. Während ihrer Weiterbildung kam der nächste große Wendepunkt. „Das kann doch nicht alles sein: Geld verdienen – Auto kaufen – mehr Geld verdienen – anderes Auto kaufen“, dachte sie sich. 1957 trat sie in den Orden der „Töchter vom Herzen Mariä“ ein: Die Ordensschwestern wirken ohne Klausur und Tracht – mitten im Leben. 1960 begann Pfau als Ärztin in den Elendsquartieren von Karachi.
Dort hatte die Ordensfrau ein weiteres Schlüsselerlebnis: „Hassan kroch auf Händen und Füßen in den Bretterverschlag, auf allen Vieren, wie ein Hund“, erinnert sie sich. Er und die Mitpatienten hätten dies gleichgültig hingenommen. „Dieses Ja zur Entwürdigung hat mich fast betäubt.“ Bald zog ihre Lepra-Station aus dem Slum ins Zentrum von Karachi. Das weltweit angesehene „Marie Adelaide Leprosy Centre“ ist vor allem ihr Werk. Die Klinik wurde der Ausgangspunkt für ein dichtes Netz von Ambulanzen in ganz
Pakistan.
Mehrere Hundert Helfer tragen dazu bei, die Lepra, Augenkrankheiten und Tuberkulose bis ins kleinste Dorf zu bekämpfen. Mit großem Erfolg: „Ich habe im kühnsten Traum nicht gedacht, dass wir Lepra in Pakistan in den Griff kriegen“, zieht sie Bilanz.
Ganzheitliche Hilfe
Hinzu kamen all die Maßnahmen, die verhindern, dass die Hilfe ein Tropfen auf den heißen Stein bleibt: Gesundheitserziehung, Vorsorge, Eingliederung Geheilter. „Ich bin nicht hierher gekommen, um Bakterien abzutöten“, beschrieb Pfau ihr Engagement. „Ich werde diese Menschen erst aus meiner Patientenkartei streichen, wenn sie auch wieder so leben können wie jeder andere Mensch.“