Frage: Haben Sie überhaupt noch Kapazitäten?
Theophilos: Wir nehmen auf, wen wir können. Schließlich sind wir eine Familie. Aber unsere Einrichtungen sind voll, unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Wir haben nicht genug Geld, um mit ihnen zu teilen. Wir geben weiter, was wir von Freunden und anderen Organisationen erhalten. Zum Beispiel hat die Botschaft von Katar Hilfspakete geschickt. Die Mehrheit der irakischen Flüchtlinge versucht aber auszureisen: nach Deutschland, Schweden, Belgien, Australien oder in die USA. Für uns ist es unmöglich, ihnen die Ausreise zu organisieren oder zu finanzieren. Hier gibt es keinen Ort, an dem sie in Frieden leben können. Wir sind sehr traurig über diese Situation und fühlen uns in solchen Momenten hilflos.
Frage: Welche Kontakte unterhalten Sie derzeit in den Irak?
Theophilos: Unser Patriarch Ignatius Ephrem II. ist in den
Irak
gereist, um den Menschen Mut zuzusprechen und sie zum Bleiben zu bewegen. Er hat uns angehalten, über die Kirchen und unsere Freunde Geld zu sammeln, das wir über das Patriarchat an die Familien vor Ort weitergeben. Viele von ihnen haben keine Pässe mehr und können deshalb nicht ausreisen, besonders Christen aus Mossul, die nach Erbil geflohen sind in der Hoffnung, den Irak verlassen zu können. Insgesamt waren jetzt schon fünf Patriarchen aus dem Libanon im Irak. Sie konnten nichts tun. Der Maronitenpatriarch Bechara Rai ist in den Vatikan gereist, nächste Woche reist er in die USA. Auch unser Klerus und die Kirchenverantwortlichen im Irak sagen: Wir können nichts tun.
Frage: Sehen Sie irgendeinen Ausweg aus dieser verfahrenen Lage?
Theophilos: Wir sagen: Europa und Amerika müssen die IS-Milizen davon abhalten, Christen zu töten und Menschen zu verfolgen. Sie müssen uns ermöglichen, in unsere Dörfer und Häuser zurückzukehren. Vorher können wir als Kirche nichts mehr tun.
Das Interview führte Andrea Krogmann.