An Glaubwürdigkeit gewann er dabei durch den Zusammenschluss mit Marina Silva und der „Rede“. Die tief religiöse Silva, die 2008 ihr Amt als Umweltministerin der PT-Regierung aus Protest gegen die liberale Wirtschaftspolitik aufgab, umgibt eine Art messianischer Aura. Ursprünglich aus der katholischen Sozialbewegung stammend, ist sie mittlerweile Brasiliens prominenteste evangelikale Politikerin. Sie gilt als nicht korrumpierbar und ihr esoterisch anmutender, etwas oberflächlicher Diskurs um Nachhaltigkeit und direkte Demokratie ist in seiner politischen Korrektheit schwer angreifbar.
Vergangene Woche kürte die PSB nun die parteifremde Silva zur neuen Spitzenkandidatin. Ein pfiffiger Schachzug, zeigen erste Umfragen Silva doch bei 21 Prozent und damit knapp vor Aecio Neves, dem Spitzenkandidaten der oppositionellen Sozialdemokraten der PSDB. Rousseff liegt zwar weiter vorn, würde bei einer Stichwahl gegen Silva jedoch wohl verlieren. Dabei profitiert Silva derzeit sicher von der Trauerwelle um Campos.
Silva eckt an
Ihre stoische Geradlinigkeit stößt in der PSB derweil bereits auf Kritik. Sie werde zwar die noch von Campos geschmiedeten Allianzen in den Bundesländern respektieren; aktiv Wahlkampf für ihr unpassende Kandidaten mache sie aber nicht, so Silva. Zudem lehnt sie Wahlspenden der Agrarlobby, der Großindustrie sowohl aus der Tabak- sowie Getränkeindustrie ab. Wahlkampfmanager der PSB warfen bereits entnervt das Handtuch.
Mit Silvas Eintritt ins Rennen gewinnt der Wahlkampf an thematischer Tiefe. „Rousseff und Neves können sich nicht mehr auf das ewige Lokalderby zwischen PT und PSDB beschränken“, glaubt der Politologe Ricardo Ismael von der katholischen Uni in Rio de Janeiro. Themen wie Ökologie, direkte Demokratie und Ethik in der Politik stünden nun zur Diskussion. Ismael hält Marina Silva für pragmatischer, als viele denken. „Sollte sie gewinnen, wird sie die zum Regieren nötigen Allianzen zu schmieden wissen.“
Von Thomas Milz