Im Wahllokal erlebt er, wie Wähler von der gegnerischen Partei aufgefordert werden, ihr Kreuzchen „richtig“ zu setzen, das Ganze mit einem Handyfoto zu dokumentieren und sich danach eine finanzielle Belohnung abzuholen. Gashi macht die Vorfälle öffentlich. Kurz darauf stehen zwei Schläger vor seiner Haustür und dreschen vor den Augen seiner Familie auf ihn ein.
Als er Tage später seinen Laden aufschließen will, ist die alte Holztür eingetreten, die Einrichtung zerstört, die Waren sind nicht mehr zu retten. Gashi geht zur Polizei und erstattet Anzeige. Im Bericht stehen die Vorgänge dann jedoch ganz anders, als er sie zu Protokoll gegeben hat. Gashi merkt: Hilfe wird er hier nicht bekommen.
Die Angst um die Familie sitzt dem jungen Mann im Nacken. Er kann nicht mehr arbeiten, weil er seine Frau und seine drei Kinder auf allen Wegen begleiten muss: zur Arbeit, in die Schule, in den Kindergarten. Fünf Monate hält die Familie die Bedrohung aus, dann kapituliert sie, packt ihr Leben in ein paar Koffer und steigt gemeinsam mit Saras Bruder in einen Flieger. Das Ziel: Bielefeld in Deutschland.
Ankunft in Köln
Ein Dreivierteljahr später sitzt Sara Gashi im Wohnzimmer des Kölner Flüchtlings-Mentors Klaus Kirschbaum und erzählt ihre Geschichte. Wie sie in Bielefeld ankamen, von da aus über Umwege nach Köln gelangten und in einem Asylbewerberheim untergebracht wurden. Zu sechst in einem Zimmer mit vier Betten, einer schmutzigen Gemeinschaftsdusche und einer Waschmaschine, vor der man während des Waschgangs besser sitzen blieb, wenn man seine Sachen wiederhaben wollte.